Tiergarten

HOHENSCHÖNHAUSEN

Dia-Serie Hohenschoenhausen

Der Bezirk H. an der nordöstlichen Stadtgrenze Berlins besteht, als zweite der 3 Ostberliner Bezirksneugründungen nach 1945, seit 1.9.1985 (Beschluß der Stadtverordnetenversammlung Ost-Berlins vom 11.4.1985). Der Bezirk H. nimmt eine Fläche von 2 599 ha ein (1999) und ist damit kleiner als die Bezirke MarzahnMarzahn (3 157 ha) und HellersdorfHellersdorf (2 979 ha). Der Bezirk entstand aus den 4 bis dahin zum Stadtbezirk Weißensee (Groß-Berlin-Gesetz
        [1929]Groß-Berlin-Gesetz [1929]) gehörenden Ortsteilen H., Falkenberg, Malchow und Wartenberg, die aus mittelalterlichen Dörfern hervorgegangen waren. Das erstmals 1356 erwähnte, auf dem Barnim gelegene Straßendorf H. erhielt zur Unterscheidung von dem tiefer gelegenen, heute zum Bezirk Pankow gehörenden Niederschönhausen den Zusatz Hohen-Schönhausen (auch Hogenschonhusen, seit 1854 Neu-Hohenschönhausen genannt). Einige der älteren Dorfbauten sind erhalten geblieben, darunter die Dorfkirche mit ihrem vermutlich aus dem 13. Jh. stammenden Kern sowie das etwas westlich von der Kirche gelegene, unter Denkmalschutz stehende "Schloß Hohenschönhausen" in der Hauptstraße 44. Im 15. Jh. entstand das Rittergut H., das 1480 für mehr als 250 Jahre in das Eigentum des märkischen Adelsgeschlechts von Röbel überging und um 1890 von dem Aachener Bankier Henry Suermondt erworben wurde, um das parzellierte Gelände ab 1893 zum Verkauf anzubieten. So entstanden um die Jahrhundertwende südlich der heutigen Suermondtstraße die beiden Landhauskolonien am Orankesee (ab 1893) und am Obersee (nach 1900). 1897 erhielt der Ort mit der elektrischen Kleinbahn Berlin-Hohenschönhausen erstmals eine Verkehrsverbindung zum Stadtzentrum. Ab 1900 wurde auch die der Bahn als Trasse dienende Verbindungsstraße nach Berlin, heute Konrad-Wolf-Straße, stärker bebaut. 1910 erfolgte die Gründung der Gartenstadt H. am östlichen Ende der Gehrenseestraße. Im Bezirk H. befinden sich einige in den 20er und 30er Jahren entstandene Gebäude (Stadtplanungen
        der 20er JahreStadtplanungen der 20er Jahre), die unter Denkmalschutz stehen, u.a. die 1931/32 und 1933/34 von den renommierten Wohnungsbauern Paul Mebes (1872-1938) und Paul Emmerich (1876-1958) in der Tradition des Neuen Bauens konzipierte Wohnsiedlung "Flußpferdhof" in der Große-Leege-Straße 65-82/Goeckestraße 11-23 sowie die 1932 von Ludwig Mies van der Rohe Rohe(1886-1965) erbaute Villa Lemke in der Oberseestraße 60. Nach einem Entwurf von Bruno Taut Bruno Taut(1880-1938) entstand 1926 die Kleinhaussiedlung an der Paul-König-Straße Paul-König-Strasse. "Die Einzelprivatisierung dieser einheitlichen Anlagen führte bei baulicher Willkür zu einer fatalen Gesamtwirkung. Nur wenig Häuser haben noch die ursprüngliche Gestalt." (WÖRNER/ MOLLENSCHOTT/HÜTER 1994/330)

Das Neubaugebiet H. mit ca. 120 000 Einwohnern und über 40 000 Wohnungen entstand von 1979 bis 1989 nach Plänen von Peter Schweizer (* 1921), Walter Wenzel, Wolf-Rüdiger Eisentraut (* 1943) u.a. auf einem Terrain der östlich der S-BahnS-Bahn gelegenen ehemaligen Rieselfelder. Auch diese GroßsiedlungGroßsiedlung entstand im Rahmen des von der DDR erhobenen Anspruchs die Lösung
        der Wohnungsfrage als soziales ProblemLösung der Wohnungsfrage als soziales Problem erreichen zu wollen. Für das Neubaugebiet H. wurde ein Aufwand von 3,3 Mrd. Mark geplant. Die Versorgung der Großsiedlung erfolgt durch das Heizkraftwerk Lichtenberg-Nordost, das 25 km entfernte Wasserwerk Stolpe sowie aus dem nördlichen Elektroring um Berlin. Der erste Komplex des Neubaugebiets mit etwa 7 000 Wohnungen entstand bis 1984 zwischen Gehrenseestraße und Wartenberger Straße sowie an der heutigen Landsberger Allee und auch um den alten Dorfkern. Im Februar 1984 wurde der Grundstein zur Großbaustelle H. beiderseits der Falkenberger Chaussee gelegt, wo bis 1989 rd. 30 000 Wohnungen gebaut wurden; das war mehr als ein Viertel aller in diesem Zeitraum in Ost-Berlin entstandenen Neubauwohnungen. Durch diesen hohen Anteil von Neubauwohnungen bei gleichzeitiger umfassender Sanierung der im Bezirk vorhandenen Altbauwohnungen erreichte H. neben MarzahnMarzahn den höchsten Ausstattungsgrad an Wohnungen mit Innentoiletten (98,7 Prozent) und Duschen oder Bädern (98,1 Prozent).
Der Bezirk H. hat gegenüber MarzahnMarzahn eine deutlich niedrigere Einwohnerzahl. Sie sank 1997 unter den Stand von 1990 (jeweils am Jahresende):

1990: 118 355    1996: 118 122    1998: 112 854
1994: 120 284    1997: 115 459    1999: 110 609

1998 verließen 12 243 Personen den Bezirk, aber nur 9 551 zogen hinzu; der sog. Fortzugsüberschuß belief sich auf 2 692 Personen (1999 waren es 2 257, 1997 2 738, 1996 2 297 Personen). Demgegenüber hatte H. 1998 einen leichten Geburtenüberschuß von 87 und 1999 von 12 Menschen. Zielgebiete des Fortzugs waren 1998: andere Berliner Bezirke (7 268), die neuen Bundesländer (2 975), das Ausland (1 300) und am Schluß die alten Bundesländer (700). Von den 7 268 Personen, die 1998 aus H. in andere Berliner Bezirke umsiedelten (sog. Binnenfortzüge), zogen 1 448 nach Weißensee, 908 nach Lichtenberg und 814 ins benachbarte MarzahnMarzahn, aber nur 37 nach Zehlendorf, 41 nach Schöneberg und 49 nach Wilmersdorf. Von den 7 070 Zuzügen aus anderen Berliner Bezirken kamen 1 075 aus Lichtenberg, 1 050 aus Marzahn und 728 aus Weißensee, aber nur 11 aus Zehlendorf, 28 aus Steglitz und 41 aus Wilmersdorf und 44 aus Tiergarten Die Wanderungen zwischen H. und den übrigen Bezirken (sog. Binnenwanderungssaldo) wiesen 1998 ein Defizit von 198 Personen aus. Zudem fanden 1998 in H. 7 627 Umzüge innerhalb des Bezirks statt (Bevölkerungsbewegung
      in Berlin in den 90er JahrenBevölkerungsbewegung in Berlin in den 90er Jahren). Ende 1999 lebten 5 671 Ausländer in H., das waren 1,3 Prozent der in Berlin lebenden ausländischen Bevölkerung (zum Vergleich: Neukölln 14,7 Prozent, Kreuzberg 11,0 Prozent, Wedding 11,1 Prozent).

Dem Charakter des Neubaugebiets entspricht die Altersstruktur der Bevölkerung, die mit der MarzahnsMarzahns vergleichbar ist. Ende 1998 waren 17,8 Prozent der Einwohner unter 15 Jahre alt (zum Vergleich: In Berlin insgesamt waren es 14,0 Prozent); dagegen lag der Anteil der älteren Menschen (65 und mehr Jahre) im Bezirk H. nur bei 8,2 Prozent (zum Vergleich: In Berlin insgesamt 13,8 Prozent).

Von den vorgesehenen Kultur-, Freizeit- und Sozialbauten konnte nur ein Teil fertiggestellt werden. Das Zentrum des Bezirks liegt am Prerower Platz (Schnittpunkt von Falkenberger Chaussee und Zingster Straße). Hier ist ein Teil der geplanten Vorhaben verwirklicht worden (u.a. Kultur- und Handelseinrichtungen, Post und medizinische Einrichtungen), ein anderer Teil (u.a. das Rathaus) ist nach der Vereinigung zurückgestellt bzw. aufgegeben worden.
Im Bezirk H. waren in der DDR-Zeit nur wenige Industriebetriebe angesiedelt. Dazu gehörten ein Plattenwerk, ein Betonwerk des Wohnungsbaukombinats, Betriebe des Ost-Berliner Getränkekombinats; 1992 kam die Berliner Pilsner Brauerei GmbH (900 Beschäftigte) hinzu. Heute strebt die Bezirksverwaltung eine breite Ansiedlung unterschiedlicher Gewerbe an. Die früher stärker ausgeprägte landwirtschaftliche Nutzung soll durch Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe gepflegt werden und der traditionelle Charakter als Gemüsegarten Berlins erhalten bleiben.

Die Verkehrsanbindung des Bezirks H. erfolgt seit Ende 1984 durch eine 5,5  km lange S-Bahn-Strecke mit den Bahnhöfen Wartenberg, Hohenschönhausen und Gehrenseestraße über den Bhf. Lichtenberg mit der CityCity (S-BahnS-Bahn). Der Bezirk verfügt über ein Straßenbahnnetz von 15 km Gleislänge mit rd. 50 Haltestellen. Innerhalb des Bezirks wurden seit Beginn der Neubauvorhaben ca. 15 km Straßen neu angelegt oder ausgebaut.

Im Bezirk H. befinden sich mehrere Parkanlagen und Gewässer, insgesamt rd. 180 ha Grünflächen mit über 25 000 Bäumen, darunter 115 ha Parkanlagen, rd. 100 Wohnhofgärten bzw. Wohngebietsparks und insgesamt über 30 stehende Gewässer. Ein 85 ha großer Volkspark mit Wanderwegen, einem Naturlehrpfad und Sportanlagen befindet sich zwischen den Neubaugebieten und dem Malchower See. Ferner verfügt der Bezirk über ausgedehnte Laubenkolonien mit über 3 000 Kleingärten auf rd. 135 ha und über 700 Siedler-Parzellen.

Auf einer Fläche von fast 54 ha erstreckt sich zwischen Weißenseer Weg und Konrad-Wolf-Straße das im wesentlichen zwischen 1954-1964 als größte Sportstätte Ost-Berlins für den damaligen Sportclub Dynamo errichtete Sportforum Berlin.

Das Gebietsreformgesetz
      [1998]Gebietsreformgesetz [1998] sieht vor, daß die Bezirke H. und Lichtenberg bis zum 1.1.2001 einen der 12 neuen Großbezirke mit eine Fläche von 5 235 ha, rund 266 500 Einwohnern (Stand Ende 1999) und einer Nord-Süd-Ausdehnung von 30 km bilden werden.

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Torge 1939/85; Herrmann 1987/283-290; Schulz/Gräbner 1987/142-143; Seyer 1987/111-112; Rach 1990/138-141; Baedeker 1992/466; Berlin Handbuch 1993/566-570; Kühne 1993/229; Dehio 1994/227-230; Wörner/Mollenschott/ Hüter 1994/330-331; Huschner 1995; Peters 1995/242; Statistisches Landesamt Berlin, lfd.; Stadt der Architektur 2000/337-357

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