Berlinisch sei »der scheußlichste aller Dialekte«, meinte Karl Gutzkow.
Mit ihrem vernichtenden Urteil sind sie in guter Gesellschaft. Auch Goethe und Fontane beispielsweise fanden das Berlinische unsympathisch. Seit Menschengedenken schon ziehen Eltern und Lehrer - allerdings mit wenig Erfolg - gegen das »Berlinern« ihrer Kinder und Schüler zu Felde. Was ist eigentlich das Berlinische, warum lebt es ungebrochen fort trotz aller Anfeindungen?
So heterogen die Bevölkerung Berlins zusammengesetzt ist, so vielfältig sind auch die Quellen des Berlinischen. Das Berlinische verwendet spezielle Ausdrücke, die sonst im deutschen Sprachraum unüblich sind (z.B. Molle, Schrippe) bzw. nicht jenen Bedeutungsinhalt besitzen (»Schusterjungen« sowohl für Roggenbrötchen als auch für heftigen Regen). Wer mit dem Berlinischen aufgewachsen ist, dem geht es wie den Mundartsprechern in Sachsen, Schwaben oder Bayern: Die heimatlichen Laute gehen ihm leichter von der Zunge, sie sind das Medium für die ungezwungene Unterhaltung in der Familie und im Freundeskreis. Daß das Berlinische von gutmeinenden Pädagogen und besorgten Eltern verketzert wird, dürfte vor allem zwei Gründe haben. Zum einen ist die Nähe zur Schriftsprache so auffällig, daß Berlinern als ein nachlässig gesprochenes, also fehlerhaftes Hochdeutsch aufgefaßt wird. Zum anderen wird Berlinisch als Sprechweise den unteren Schichten der Gesellschaft zugerechnet. Egal, ob einem das Berlinische im Ohr angenehm klingt oder nicht, das Phänomen der Hauptstadtsprache ist da und wird es bleiben. |