Karl-Marx-Allee
Bezirke Mitte und Friedrichshain

Sie führt auf etwa 2,5 km Länge von Mitte nach Friedrichshain; erstreckt sich vom Alexanderplatz bis zum Frankfurter Tor und ist eine wichtige östliche Magistrale in Richtung Frankfurt/ Oder.
     Zwischen dem Strausberger Platz und dem Frankfurter Tor steht sie unter Denkmalschutz - mit 1,8 km Ausdehnung heute das längste Baudenkmal Deutschlands. Sie gilt unter Kennern als bedeutendes Dokument europäischen Städtebaus.
     Die Karl-Marx-Allee geht auf eine mittelalterliche Handelsstraße zurück, deren Teilstück innerhalb der Stadtmauer im frühen 18. Jahrhundert Große Frankfurter Straße und vom alten Frankfurter Tor in Richtung Osten Frankfurter Chaussee hieß, das ab 1872 in Frankfurter Allee umbenannt wurde. Am 21. Dezember 1949 erhielt der Abschnitt zwischen dem Alexanderplatz und der Proskauer und Niederbarnimstraße den Namen Stalinallee. Die Umbennung wurde am 13. November 1961 wieder rückgängig gemacht und dem Teilstück zwischen Alexanderplatz und dem heutigen Frankfurter Tor der Name Karl-Marx-Allee gegeben.
     Während des Zweiten Weltkrieges ist die Straße fast völlig zerstört worden und in ihrer heutigen Form in zwei Etappen zwischen 1952 und 1965 entstanden. 1949 waren nach Plänen der Architektin Ludmilla Herzenstein, die Ideen von Hans Scharoun aufgriff, zwei Laubenganghäuser an der Südseite der Straße (Nr. 102/104 und 126/128) errichtet worden. Die als Musterbauten gedachten fünfgeschossigen Gebäude mit Einraumwohnungen in den oberen Etagen und Läden im Erdgeschoß fanden jedoch weder bei der Bevölkerung noch bei den Bauherren Akzeptanz.
     Auf der Grundlage des Aufbaugesetzes vom 6. September 1950 und im Rahmen des 1951 ins Leben gerufenen Nationalen Aufbauwerkes der DDR wurde der Straßenzug zwischen Strausberger Platz und Proskauer Straße als »erste sozialistische Straße in Deutschland« aufgebaut. Die sechs Projektierungsgruppen standen unter der Leitung der Architekten Hermann Henselmann, Hans Hopp, Richard Paulick, Kurt Leucht, Egon Hartmann und Karl Souradny. Ihre Entwürfe orientierten sich an der sowjetischen Architektur unter Stalin.
     An Stelle der korridorartigen Straßen mit starren Baufluchten entstand eine durch versetzte Abschnitte einander gegenüberliegender Gebäudekomplexe räumlich gegliederte Allee, die an den beiden bedeutendsten Kreuzungen - Strausberger Platz und Frankfurter Tor - durch weiträumig angelegte Plätze besondere Akzente erhielt. Der gesamte Straßenzug wurde auf 90 m verbreitert und durch mehrere Baumreihen und viele Grünflächen aufgelockert.
     Auf einer dieser Grünflächen an der Nordseite der Karl-Marx-Allee, nahe des Frankfurter Tores entstand 1960-1962 nach Plänen von Josef Kaiser und Herbert Aust das größte Ostberliner Kino »Kosmos« mit 1000 Plätzen.
     Den Strausberger Platz säumen achtgeschossige Wohnhäuser. An seiner Ostseite wurden zwei zehngeschossige, an seiner Westseite zwei 14geschossige Wohnhochhäuser (»Haus des Kindes« und »Haus Berlin«) errichtet, die die Allee zum Stadtzentrum hin torartig umgeben. Für die Mitte des Platzes schuf der Kunstschmied Fritz Kühn 1966/67 einen großen, mit plastisch gestalteten Kupferplatten umgebenen Ringbrunnen.
     An der westlichen Platzseite des Frankfurter Tores entstanden beiderseits der Karl-Marx-Allee zwei Turmhochhäuser, deren grüne Kuppeln denen des Deutschen und Französischen Domes am Gendarmenmarkt nachempfunden sind.
     Die 100 bis 300 m langen, sieben- bis neungeschossigen Wohnblocks sind mehrfach durch vor- und zurückgesetzte Bauabschnitte geliedert. Im Erdgeschoß befinden sich Geschäfte und Gaststätten. Die insgesamt 2.236 Wohnungen, überwiegend Zwei- und Dreizimmer-Wohnungen, wurden seinerzeit mit Bädern, Fernheizung und Parkett ausgestattet.
     Eines der ersten fertiggestellten Häuser war das Hochhaus an der Weberwiese. Errichtet wurde der Abschnitt zwischen Strausberger Platz und Proskauer Straße in nur knapp drei Jahren von vielen freiwilligen Helfern, die dann auch zum Teil die Wohnungen bezogen.
     In den Jahren 1960 bis 1965 erfolgte nach Plänen von Edmund Collein, Josef Kaiser und Werner Dutschke der zweite, 700 m lange Bauabschnitt der Karl-Marx-Allee zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz. Durch Zurücksetzen der Wohnhäuser wurde der Straßenraum von 90 m auf 125 m verbreitert. Mit Ausnahme der beiden achtgeschossigen Wohngebäude am Strausberger Platz wurden hier fünf- und zehngeschossige Wohnblocks in industrieller Großplattenbauweise errichtet. Läden und Restaurants in zweigeschossigen Pavillons lockern die Anlage auf.
     1961-1963 wurden an der Nordseite dieses Abschnittes das Kino »International« und dahinter das 13geschossige Hotel »Berolina« - im Volksmund auch »Waschhaus« genannt - errichtet. Auf der Südseite eröffnete 1964 das Restaurant »Moskau«, ein zweigeschossiges Atriumgebäude in Stahlkonstruktion für 600 Gäste.


© Edition Luisenstadt, CD-ROM 1997: Berlin. Ansichten.
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