Pharussäle

Wedding,
Müllerstraße 142.

1886/87 ließ der Brauereibesitzer Wilhelm Bönnhoff auf dem Grundstück Müllerstraße 142 ein Ensemble aus Wohn- und Restaurationsgebäude mit Saal, Kegelbahn und einer Halle bauen, das den Namen Feldschlößchen erhielt und bereits 1906 durch den neuen Eigentümer, den Architekten Paul Edmund Hoppe, abgerissen wurde, um hier auf dem 2 826 mē großen Grundstück die „Prachtsäle des Nordens“ zu errichten. Im Juli 1907 wurden die Pharussäle (gr. Pharos = Leuchtturm, Fackel, Fanal) eröffnet. Die P. entwickelten sich im Roten Wedding bald zu einem bevorzugten Versammlungssaal der SPD (politische Kundgebungen unter freiem Himmel waren – wenn nicht von der Obrigkeit verordnet – im deutschen Kaiserreich verboten). Doch auch kirchliche Institutionen nutzten die Säle als Veranstaltungsort. In den 20er Jahren mehr und mehr zur Hochburg der KPD geworden, gerieten die P. am 11. 2. 1927 in die politischen Schlagzeilen, weil Joseph Goebbels (1897–1945) an diesem Tag eine Veranstaltung der NSDAP in den P. und die folgende Saalschlacht mit der KPD propagandistisch nutzte („Wir sind 600 in Berlin, wir müssen in sechs Jahren 600 000 sein.“) Anfang 1940 in eine Großkantine umgewandelt, wurden die P. bei einem Luftangriff Ende 1943 beschädigt, im Februar 1945 zerstört. Das Vorderhaus war nur leicht beschädigt. Nach dem Krieg diente der Keller der P. von September 1945 bis März 1951 als Spielstätte des Pharus-Brettl, einer Kleinkunstbühne. Im Februar 1955 wurden die Reste der P. abgerissen und ein Seitenflügel von der AOK bebaut. Von der historischen Bebauung findet man heute straßenseitig nur noch das Vorderhaus in der Müllerstraße 142.

 

© Edition Luisenstadt, 2002
Stand: 19. Mrz. 2002
Berliner Bezirkslexikon, Mitte
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