Drucker, Samuel („Salo“)

* 17.09.1885 Lissa/Provinz Posen,
† 19.08.1940 KZ Sachsenhausen,
Mediziner.

D. studierte ab 1904 in Berlin Medizin und wurde 1910 promoviert. Er war anschließend Assistenzarzt in Dresden und Berlin; von 1910 bis 1914 Assistenzarzt für Pädiatrie an einem Berliner Krankenhaus, bis 1918 an der Ostfront Militärarzt und von 1919 bis 1922 als Gemeinde- und Schularzt in Reinickendorf tätig. Nach der Bildung von Groß-Berlin 1920 war D. seit dem 1. 5. 1922 Stadtarzt im Wedding und zugleich Leiter des Gesundheitsamtes, das sich ab 1924 in der Christianiastraße 73 (heute Osloer Straße), seit dem 18. 11. 1930 in der Müllerstraße befand. Bis zu seiner Entfernung aus dem Amt durch das NS-Regime im März 1933 prägte D. die sozialhygienische Arbeit des Gesundheitswesens im Wedding ganz entscheidend: so richtete er im Januar 1927 eine Alkoholfürsorgestelle ein, im August 1928 eine sportärztliche Beratungsstelle, im Oktober 1928 in der Schulstraße 1 eine Beratungsstelle für Haut- und Geschlechtskrankheiten und im August 1929 eine Beratungsstelle für soziale Kosmetik – die erste in Deutschland. Vor allem jedoch ist D.s Name mit der Arbeiter-Abstinenz-Bewegung verbunden, deren Vorsitzender er bis 1933 war. Dieses Problem war gerade im Wedding sozialhygienisch gravierend. Von 1935 bis September 1938, dem Entzug der Approbation, behandelte D. in seiner Wohnung in der Fasanenstraße 59 vor allem jüdische Kinder. Im Juni 1940 wurde er im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wo er – offiziell – an einer Lungenentzündung starb. Seine Urne wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt; in der Reinickendorfer Straße 60 erinnert eine Gedenktafel an D.

 

© Edition Luisenstadt, 2002
Stand: 19. Mrz. 2002
Berliner Bezirkslexikon, Mitte
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