Siegmund-Schultze, Friedrich

* 14.06.1885 Görlitz,
† 11.07.1969 Soest,
Theologe.

Nach dem Philosophie- und Theologiestudium in Tübingen, Breslau, Marburg, Halle und Berlin war S.-S. 1908 Adjunkt am Königlichen Domstift zu Berlin und 1910/11 Pfarrer an der Friedenskirche Potsdam. Ab 1911 widmete er sich der sozialen Arbeit in den Arbeitervierteln des Berliner Ostens. Er gründete die Soziale Arbeitsgemeinschaft Berlin Ost, die ihren Sitz in der Fruchtstraße 64 (heute Straße der Pariser Kommune) hatte, und nahm seinen Wohnsitz im "Auferstehungsheim" in der Friedenstraße 60. Die SAG widmete sich vor allem unorganisierten Arbeitern, veranstaltete u. a. Gesprächs- und Unterhaltungsabende, Sprach- und Stenografiekurse und gab Rechtsberatung.S.-S. gab zur Diskussion über soziale Fragen seit 1914 die "Nachrichten aus der Sozialen Arbeitsgemeinschaft", "Die Eiche" und seit 1917 die "Akademisch-soziale Monatsschrift" heraus. Im Ersten Weltkrieg gehörte er 1914 zu den Gründern des Weltbundes für Internationale Friedensarbeit der Kirchen und des Internationalen Versöhnungsbundes. Gleichzeitig gründete er die Deutsche Kriegsgefangenenhilfe und die Auskunfts- und Hilfestelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland. Mit einer Untersuchung zu den "Wirkungen der englischen Hungerblockade auf die deutschen Kinder" gelang es ihm, Geld- und Lebensmittelspenden für Berliner Kinder aus dem Ausland zu initiieren. 1917/18 war er erster Direktor des Berliner Jugendamtes und ab 1926 lehrte er an der Berliner Universität. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde S.-S. zur Emigration in die Schweiz gezwungen und gehörte dort zu den Initiatoren des 1936 gegründeten Internationalen kirchlichen Hilfskomitees für deutsche Flüchtlinge. 1946 kehrte er zurück, lehrte als Professor der Sozialethik und Sozialpädagogik in Münster und war Direktor des Sozialpädagogischen Instituts. S.-S. engagierte sich gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands, war Mitglied der Gesamtdeutschen Volkspartei und bereitete das Gesetz zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen mit vor. Von 1958 bis 1968 leitete er das von ihm mitbegründete Ökumenische Archiv in Soest.

© Edition Luisenstadt, 2002
Stand: 21. Okt. 2003
Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg
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