Eine Annotation von Rainer Bert


Fuchs, Stephan: Dreiecksverhältnisse sind immer kompliziert
Kissinger, Bahr und die Ostpolitik.

Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1999, 324 S.

 

Vorliegender Band ist die überarbeitete, gestraffte Dissertation, die der Verfasser an der Ludwigs-Maximilians-Universität München 1997 verteidigte. Als Gesamteindruck bleibt, daß sich das Buch als eine wissenschaftliche Qualifizierungsarbeit erweist, der Titel mehr verspricht, als er hält. Angesichts der inzwischen kaum noch überschaubaren Zahl von Büchern über die „Ostpolitik“ ist wenig grundlegend Neues an Faktenmaterial und Quellen zu den Zusammenhängen bundesdeutscher Ostpolitik und USA-Politik zu erfahren.

Der Autor gliedert sein Buch - abgesehen von Vorbemerkung, Nachwort und Anhang - in drei Teile. Das erste Kapitel wird betitelt „Die Welt von 1969“, das folgende „Persönlichkeiten der internationalen Politik“ und das dritte „Personale Steuerung im internationalen System: Das Beispiel Ostpolitik“.

Oft verbleibt die Darstellung im Rahmen der vom Autor rezipierten Literatur zur weltgeschichtlichen Konfrontation und Entspannungspolitik, manches liest sich so, als ob der Autor dem Leser beweisen will, was er alles gelesen hat und weiß. Schulmeisterliche Wertung von Arbeiten anderer Autoren ist darin eingeschlossen. Insgesamt werden über weite Strecken, angereichert mit Interviews und Archivrecherchen, in der Literatur verbreitete Positionen referiert oder kritisiert, ohne daß daraus Wesentliches und Nachdenkenswertes ableitbar ist.

Selbst die Kapitelüberschriften sind irreführend, so behandelt die „Welt von 1969“ zwangsläufig mehr als das Jahr 1969. Die eingangs aufgestellte Behauptung, daß Bahr durch die Brillanz seiner Konzepte und Detailplanung Kissinger so überzeugt habe, daß er auf die Ausgestaltung der amerikanischen Politik weit mehr Einfluß genommen habe, als bislang zugegeben („Die amerikanische Diplomatie in den Viermächte-Verhandlungen um Berlin wurde von Kissinger - personell wie inhaltlich - nach Bahrs Wünschen manipuliert, nicht umgekehrt die Ostpolitik nach Vorstellungen Kissingers“), bleibt unbewiesen im Raum stehen.

Ermüdend sind auch die zahlreichen Dopplungen (so, wenn unbedingt mehrfach mitgeteilt wird, daß Brandt seinem Außenminister Scheel helfen mußte, da dieser „mit der Materie“ nicht vertraut war). Unklar bleiben die Kriterien, daß im Text oft Originalzitate unübersetzt sind - für eine populärwissenschaftliche Arbeit nicht gerade leserfreundlich-, andererseits aber, z.T. ohne das Original, vom Autor nur die Übersetzung geliefert wird.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 11+12/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

zurück zur vorherigen Seite