Eine Annotation von Horst Wagner


Die Fischer Chronik
Deutschland 1949-1999. Ereignisse, Personen, Daten.

Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 1999, 1343S.

 

Anläßlich des 50. Jahrestages des Grundgesetzes ist diese Chronik jüngerer deutscher Geschichte erschienen, die in Aufmachung, Umfang, Informationsgehalt, Solidität und Nützlichkeit an die Traditionen des Fischer Weltalmanachs anknüpft und doch ein Novum darstellt. Ihr besonderer Wert besteht wohl darin, daß sie die Entwicklung im Westen wie im Osten des lange geteilten Landes sozusagen gleichberechtigt nebeneinanderstellt und einigermaßen ausgewogen behandelt. Der 50jährigen Geschichte der BRD und der 41jährigen der DDR ist dankenswerterweise die Zeit von 1945-1948 vorangestellt, so daß die Chronik der historischen Ereignisse von der Kapitulation der Naziwehrmacht am 8. Mai 1945 bis zur Beteiligung der Bundeswehr am Nato-Militärschlag gegen Restjugoslawien im Frühjahr 1999 reicht. Jedem Jahr ist ein besonderes Kapitel gewidmet, und diese sind von 1949 bis 1990 in die Abschnitte BRD und DDR unterteilt. Dabei werden Innen- und Außenpolitik ebenso dokumentarisch behandelt wie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Die früh einsetzende antikommunistische Ausrichtung im Westen findet ihren Niederschlag genauso wie die Stalinisierung Ostdeutschlands spätestens seit 1948. Von besonderem Interesse dürfte die Darstellung der Ereignisse um den 17. Juni 1953 und den 13.August 1961 sein, aber auch die Proteste gegen die Atomrüstung in der BRD der 50er Jahre und der sogenannte forcierte Aufbau des Sozialismus in der DDR; die Studentenbewegung 1968 und das gleichzeitige Geschehen um den „Prager Frühling“; Brandts Aufforderung, mehr Demokratie zu wagen, seine neue Ostpolitik, die zunehmende internationale Anerkennung der DDR in den 70er Jahren und ihr Niedergang in den 80ern. Die chronologische Darstellung wird durch zahlreiche, zum Teil vielfarbige Karten und Grafiken ergänzt. Zum Abschluß des Chronikteils finden sich grafische und textliche Darstellungen der Wahlergebnisse zum Deutschen Bundestag, zu den Landtagen, Bürgerschaften und zum Berliner Abgeordnetenhaus sowie zu den Landtagen der neuen Bundesländer seit 1990. Es folgen die Biographien von - wenn ich richtig gezählt habe - 242 Persönlichkeiten, „die das politische Leben in Deutschland in den letzten 50 Jahren geprägt und mitbestimmt haben“. Eröffnet wird die Reihe mit dem Bankier Hermann Josef Abs, dem SED-Funktionär Anton Ackermann und dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer. Bemerkenswert, daß Erich Honecker sogar noch ein paar Zeilen mehr bekommen hat als Helmut Kohl und daß sogar Adolf Hennecke, der Begründer der „Aktivisten-Bewegung“, Aufnahme gefunden hat. Aus der DDR-Wendezeit finden sich Egon Krenz, Hans Modrow und Lothar de Maizière ebenso wie die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley und der Mitbegründer der Ost-SPD Markus Meckel. Am Schluß des Nachschlagewerkes eine ausführliche Darstellung der Bevölkerungsentwicklung und Erwerbstätigkeit, der Wirtschaftsleistung und der Preise, der Produktion in Bergbau, Industrie und Landwirtschaft, des Handels, des Verkehrs und der Kommunikation sowie der Entwicklung der Währungen in Ost und West bzw. Gesamtdeutschlands. Ein umfangreiches Personen- und Sachregister erhöht noch den Gebrauchswert dieses nützlichen und handlichen Nachschlagewerkes.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 11+12/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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