Eine Annotation von Licita Geppert


Tremayne, Peter: Der Todesstein
Irische Gruselgeschichten.
Aus dem Englischen von Gabriele Haefs.

Rotbuch Verlag, Hamburg 1999, 148 S.

 

Der Historiker Peter Beresford Ellis, der sich hinter dem Pseudonym Peter Tremayne verbirgt, sieht aus wie ein Geschichtenerzähler vom Alten Volk. Und genau so schreibt er auch seine Stories. Damit steht er in der besten Erzähltradition, und seine Geschichten atmen den eisigen Hauch der Historie. Was da geschieht, ist ohne Vergangenheit und Zukunft, denn diese beiden von Menschen geschaffenen Kategorien verschmelzen mit der Gegenwart zu einem grausigen Panorama der Leidenschaften.

Tremayne spielt mit Musik und Magie. Er läßt die im irischen Volk auch heute noch tief verwurzelten Weltsichten mit der realen Gegenwart aufeinanderprallen. So entsteht eine Handlung, in deren Verlauf weder der Leser noch die Helden der Geschichten wissen, auf welcher Ebene sie sich gerade befinden. Die Stories sind hart wie das Leben in den kargen irischen Landschaften, aber am Ende finden sie meist einen Ausgang, der das Bedürfnis nach Gerechtigkeit befriedigt. Dies ist allerdings nicht mit „Happy-End“ zu verwechseln, denn ein solches verbietet sich bei diesen Gruselgeschichten von selbst.

Die eigentümliche Spannung, die allen Erzählungen eigen ist, beruht aber gerade auf dem Spannungsfeld zwischen realer Situation und mystischen Wendungen, die zunächst gar nicht als solche wahrgenommen werden. Tremayne vermeidet vordergründigen Horror. Er erzeugt dafür subtile Gruseleffekte, die einem eisige Schauder durchs Herz jagen. Typische irische Landschaft und Lebensweise spielen dabei eine wichtige Rolle. Für die Freunde irischer Geschichten wie auch für die Liebhaber feinsten Horrors dürfte dieses Büchlein geradezu ein Leckerbissen sein.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 11+12/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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