Eine Rezension von Helmut Caspar


Die Hürden sind kaum zu überwinden

Karlheinz Walz: Falschgeld
Spannendes und Kriminalistisches, Ernstes und Amüsantes aus der Welt der Geldfälscher.

H. Gietl Verlag & Publikationsservice, Regenstauf 1999, 176 S., zahl. Abb.

 

Ein Bonmot sagt, daß die Fälschung nur wenige Minuten jünger sei als das Original. Ganz bestimmt trifft die Abfolge auf Wertgegenstände wie Münzen und Geldscheine zu, wie Karlheinz Walz in seinem gründlich recherchierten und, bei allem Ernst des Themas, stellenweise wegen der unvermeidlichen Pleiten, Pech und Pannen auch amüsant zu lesenden Buch über altes und neues Falschgeld schreibt. Eingeleitet wird der Band allerdings durch grundsätzliche Darlegungen der rechtlichen Situation der Verfolgung von Falschgeldverbrechen in der Bundesrepublik Deutschland, verbunden mit einem Blick auf das, was uns im Zusammenhang mit der Einführung des Euro im wahrsten Sinne des Wortes blüht. Zwar werden Geldfälscher nicht mehr in heißem Öl gesotten und es werden ihnen auch nicht mehr die Hände abgehackt, wie in älterer Zeit, doch die Strafen für das Nachmachen und in Umlauf Bringen von „Blüten“ sind empfindlich, auch wenn die Strafandrohung auf den derzeit noch gültigen Scheinen wie auf den neuen Eurobanknoten fehlt. Karlheinz Walz, der als Mitarbeiter eines Kreditinstituts gelegentlich auch mit Falschgeld zu tun hat, schildert die Gefahren, die in den ersten Monaten des Jahres 2002 von Falschgeld ausgehen, denn erfahrungsgemäß sei es bei Einführung neuer Banknoten – und hier darf man auch die mit „nationalen Rückseiten“ versehenen Euro- und Eurocentmünzen hinzuzufügen - relativ leicht. Nachahmungen unter die Leute zu bringen, die mit den neuen Verhältnissen ja noch nicht vertraut sind. Außerdem würde es kleine qualitative Unterschiede bei dem in verschiedenen Druckereien (und Prägeanstalten) hergestellten Geld geben, was zur Verunsicherung und Ablehnung der Noten im Zahlungsverkehr führe.

Wie Walz’ Buch schildert, gibt es bei der Geldfälscherei nichts, was nicht schon einmal probiert wurde - Silber- und Goldmünzen wurden aus Blei, Kupfer, Messing und anderem Material mit Edelmetallauflagen hergestellt, echte Geldstücke angebohrt und ausgehöhlt, der Länge nach zersägt und wieder verlötet. Der Weg zur Fälschung zum Schaden der Sammler ist nicht weit.

Banknoten und Wertpapiere werden im Buchdruck- und Offsetverfahren und auf andere Weise nachgedruckt, gelegentlich auch mühevoll nachgemalt und mit aufgepinselten oder gestempelten Ziffern versehen. Es gibt ferner die Variante, daß echte Scheine gespalten und mit falschen Rückseiten beklebt werden. Doch auch die fotografische Kopie ist üblich, seit einigen Jahren natürlich die Ablichtung auf dem Farbkopierer, die allerdings die Vorlage nicht in all ihren Feinheiten, etwa Mikroschrift, wiedergibt und auch nicht das Problem der metallenen Kennzeichen und des Druckpapiers löst.

Deutlich wird in Walz’ Darstellung, daß die meisten Nachdrucker, Kopierer und Abzeichner eigentlich arme Teufel sind, die mit ihren Machwerken nur geringen Erfolg und daher auch Lohn haben und schon bald auffliegen. Denn die Hürden, die sie mit unzureichender Technik zu überwinden suchen, sind riesengroß. Das fängt bei der Unmöglichkeit an, originales Druckpapier zu bekommen oder dieses so nachzuahmen, daß es über jeden Zweifel erhaben ist, geht über handwerkliche Unzulänglichkeiten wie den technologisch bedingten Verzicht auf Wasserzeichen, das Fehlen von Silberfäden oder Hologrammen und endet bei der stümperhaften Wiedergabe feinster Details. Zu all diesen Nachlässigkeiten, die allerdings nur mit der Lupe oder in Spezialgeräten sichtbar werden, enthält das Buch historische und aktuelle Beispiele. Doch was den Falschgeldexperten aus Banken- und Polizeikreisen sofort ins Auge fällt, wird häufig beim Bezahlen an der Ladenkasse oder in schummrig beleuchteten Kneipen übersehen. Daher ist es nicht ausgeschlossen, daß Blüten erst nach längerer Umlauffrist angehalten werden und bis dahin ihren Zweck erfüllen. Mangelhafte Aufklärung, Hektik im Alltagsgeschäft, vielleicht auch schlechtes Augenlicht und andere Faktoren werden von Fälschern und ihren Kumpanen beim Vertrieb weidlich ausgenutzt. Wer als letzter erwischt wird, hat den Schaden, bekommt die Blüte nicht ersetzt und muß sich sogar Verdächtigungen aussetzen, an dem Deal beteiligt zu sein.

Hinterzimmer-Gaunern steht in der Regel der technische Apparat einer Wertpapierdruckerei oder Münzanstalt nicht zu Gebote. Wo allerdings staatliche Geldfälschung zum Schaden von „Feindstaaten“ betrieben wurde (und vielleicht auch noch wird), ist dies jedoch keine Frage. Was hier möglich war, schildert der Autor am Beispiel etwa der Herstellung britischer Pfundnoten während des Zweiten Weltkriegs unter dem Codenamen „Unternehmen Bernhard“ im NS-Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin sowie den weniger bekannten Fall der Nachahmung von Hundertdollarnoten durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD während der zwanziger Jahre. In solchen Fällen gelang es unter anderem, ziemlich identisches Druckpapier zu produzieren und auch die Geheimnisse der Notennumerierung zu lüften. Doch wie Vergleiche zwischen Originalen und Nachahmungen zeigen, waren letztere nicht perfekt genug, um nicht doch erkannt zu werden, wenigstens von Falschgeldexperten der betroffenen Länder. Dem Normalbürger dürften die Abweichungen nicht aufgefallen sein. Interessant wäre zu wissen, ob solche Machwerke gesammelt werden und wie sie im Handel bewertet werden. Im letzten Teil erfährt der Leser streiflichtartig, wie es Gaunern in aller Welt mit ihren Falsifikaten ergangen ist. Bestimmt läßt sich die mitunter amüsant zu lesende Fallsammlung ziemlich schnell erweitern, sobald der Euro im Anrollen ist. Daß es gelegentlich in streng gesicherten Wertpapierdruckereien und Münzanstalten undichte Stellen gibt, wird ebensowenig verschwiegen wie die Tatsache, daß es manchen Fälschern gelungen ist, über Jahre hinaus durch Herstellung und Vertrieb ihrer Machwerke ganz gut zu leben. Zur Frage, inwieweit Regierungen oder gewisse amtliche Stellen schon vor langer Zeit ungestraft als Auftraggeber von Geld- und Dokumentenfälschungen in Erscheinung getreten sind, ließe sich noch viel sagen. Die zu allen Zeiten praktizierte und überaus profitable Nachprägung beliebter Edelmetallmünzen des einen Landes durch ein anderes ist ein weites Feld und würde bestimmt ein nicht minder spannendes Buch füllen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 11+12/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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