Eine Rezension von Helmut E. Günter


Aus der Krimischatulle geplaudert

Wolfgang Schüler: Edgar Wallace
Ein Leben wie im Film.
Militzke Verlag, Leipzig 1999, 224 S.

Wolfgang Schüler: Verbrecher im Netz
Fälle - Fakten - Fahnder.
Ein Kriminal Brevier.
Militzke Verlag, Leipzig 1999, 240 S.

 

Beginnt ein Biograph die Lebensgeschichte seines Helden mit der naturalistischen Schilderung einer Fußpilz-Selbstbehandlung des Vaters und charakterisiert die Mutter wenige Sätze später: „Sie war ... häßlich wie die Nacht und alt wie Steinkohle ... hatte Pferdezähne, Schwabbeltitten und schlaffe Schenkel“, so scheint das ein zumindest ungewöhnliches Verfahren, sich dem Subjekt noch heute andauernder und millionenfacher Bewunderung zu nähern. Aber sei’s drum, Wolfgang Schüler, Rechtsanwalt und ehrenamtlicher Bürgermeister von Hönow bei Berlin - der einzigen Landgemeinde weit und breit mit eigenem U-Bahnhof -, liebt die starken Worte, die Edgar Wallace zeit seines Lebens, zumindest seines Krimischreibens, ängstlich und moraltriefend vermieden hat. Breit malt er aus, wie dem braven Edgar in der Kindheit die Kacke am Leib herunterlief oder was derlei Appetitlichkeiten mehr sind.

Edgar Wallace (1875-1932) brauchte annähernd vierzig Jahre, um das Schlimmste hinter sich zu lassen und zum internationalen Bestsellerautor aufzusteigen. Er verbrachte stumpfsinnige Jahre beim Militär, etwas erfolgreichere als Kriegsberichterstatter, bis er schließlich mit der Schnellproduktion von Krimis das ihm gemäße Genre entdeckte, in dem er noch heute als Großmeister gilt. Schülers Auskünfte über Wallaces Produktionsmethoden und deren Ergebnis fallen - im Vergleich zum Übrigen - eher kärglich aus. Dafür verschweigt er - von den vorangestellten Zitaten abgesehen -, aus welchen Quellen die Biographie geschöpft ist. Schade.

Auch das Kriminal Brevier Verbrecher im Netz verzichtet auf Quellenangaben. Es ist eine Sammlung zumeist bekannter und oft beschriebener Kriminalfälle bis hin zur beliebten Kategorie Pleiten, Pech und Pannen. Daß schlampige und/oder betrügerische Handwerker Reparaturen nicht ordnungsgemäß ausführen, liest man sonst bei der Stiftung Warentest.

Was Schüler über die Sureté, die deutsche Kripo, Scotland Yard und das FBI zusammengetragen hat, bringt wenig Überraschendes. Die Biographie jenes J. Edgar Hoover beispielsweise, der 48 Jahre lang an der Spitze des FBI stand, ist mit einigem Erfolg von anderen Autoren sehr viel kritischer untersucht worden.

Im weiteren bietet Schüler eine an einzelne Fälle gekoppelte Übersicht über die Kriminaltechnik und die forensischen Wissenschaften. Das alles ist locker und unterhaltsam geschrieben und wird dem Titel und seinen Untertiteln durchaus gerecht.

Im gleichen Leipziger Militzke Verlag sind auch die Tatsachenberichte Hans Pfeiffers (1925-1998) Die Sprache ..., Die Spuren ..., Die Spiele der Toten und sein letztes Buch Der Zwang zur Serie erschienen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 11+12/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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