Eine Rezension von Thomas Przybilka


Der Mossad

Gordon Thomas: Die Mossad-Akte
Israels Geheimdienst und seine Schattenkrieger.

Lichtenberg Verlag, München 1999, 399 S.

 

Seriöse Publikationen über einen der bekanntesten und legendärsten Geheimdienste der neuesten Zeit, den Mossad, findet man selten - ganz im Gegensatz zu einer Vielzahl von Büchern zur CIA, zum KGB, BND oder zu den britischen Nachrichtendiensten.

Weltweit gleichzeitig in acht Ländern erschien jetzt Gordon Thomas’ ausführliche Geschichte des „Instituts für Koordination“, die deutsche Übersetzung des hebräischen Namens Ha Mossad le Teum. Mossad (das Institut) ist inzwischen schlichtweg das Synonym für Erfolg und Durchsetzungsvermögen eines international operierenden Nachrichtendienstes, der stets mit dem Rücken zur Wand gegen die Feinde Israels kämpfen mußte. Der Grundstein für einen Dienst, der offiziell erst 1951 gegründet wurde und zu einem der gefürchtetsten Geheimdienste der Welt werden sollte, wurde im September 1929 bei Mokka und Gebäck gelegt. Seinerzeit wurden fast 1 000 fromme Juden beim Gebet an der Jerusalemer Klagemauer von Arabern überfallen und mit Waffengewalt angegriffen. Jahrelange Vorsicht und die Notwendigkeit, den jungen Judenstaat gegen äußere und innere Feinde verteidigen zu müssen, gipfeln in einer vom dritten Generaldirektor des Mossad, Meir Amit (1963-1968), seinerzeit aufgestellten und noch immer gültigen Regel: Denke wie dein Ziel; höre erst auf, wie es zu sein, wenn du den Finger am Abzug hast.

Daß Geheimdienste, die im Ausland wie im eigenen Land stets die Sicherheit ihres Staates und seiner Bürger im Auge haben, kein Hort braver Knaben und Mädchen sind, darf vorausgesetzt werden. Wie allerdings der Mossad äußeren wie inneren Feinden des Landes Mores lehrte, ist erschreckend bewundernswert.

Gordon Thomas hat nicht nur einfach eine Geschichte dieses Dienstes geschrieben. Dank seiner besten Kontakte zur Führungsebene des Mossad hatte und nutzte er die Gelegenheit, durch ausführliche Interviews mit ehemaligen wie noch tätigen Akteuren und Mitgliedern, Hintergründe auszuleuchten und unbekannte, aber wichtige Details ans Licht zu fördern. Dies ist um so bemerkenswerter, gab es doch bis vor kurzer Zeit weder Namen noch Biographien der verschiedenen Mitarbeiter und Direktoren dieses Nachrichtendienstes, von Fotos ganz zu schweigen. So kommen u. a. ausführlich der Eichmann-Entführer und die Veteranen des spektakulären Entebbe-Coups zu Wort, Hintergründe des Lockerbie- und des Papst-Attentates werden geschildert, und es werden (für heimliche Monarchisten) Details über den Unfalltod von Lady Di ausgebreitet. Die straff und wohldurchdachte Organisation und Arbeitsweise von Topagenten wie auch das tägliche „Kleinklein“ der „Wasserträger“, die zum oft hundertprozentigen Erfolg der Unternehmen beitragen, werden spannend und fesselnd in der Geschichte der staatlichen Schattenkrieger beschrieben. Und mit gleicher Akribie führt Thomas auch die kleinen wie spektakulären Pannen des Dienstes auf.

Thomas hat die weißen Flecken auf der Landkarte der Geschichte der Geheimdienste reduziert. Voraussetzung dazu war Recherche, Recherche und nochmals Recherche. Als investigativer Journalist, Sachbuchautor, aber auch als Autor von Thrillern kennt Thomas die Grundvoraussetzungen für korrekte Schilderungen diffiziler Sachverhalte. Diese Geschichte des effektivsten Dienstes der Welt ist stellenweise so atemberaubend wie ein Politthriller.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 10/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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