Eine Rezension von Thomas Przybilka


Westerwälder Krimis

Peter Hermann: Statt Luft
Verlag D. Fölbach, Koblenz 1997, 149 S.

Luftikus
ebd. 1997, 185 S.

Landluft
ebd. 1998, 189 S.

 

Der Westerwald, über den ja bekanntlich der Wind so kalt pfeifen soll, präsentiert sich jetzt auch als Kulisse von Regionalkrimis. Erdacht hat sie der Renneroder Theaterwissenschaftler und Autor Peter Hermann (1959). Meines Wissens sind es die bisher einzigen Kriminalromane, die vor dem Hintergrund dieser Region spielen. Nicht unbedingt zwingend, aber doch recht sinnvoll, sollten die bisher publizierten Westerwälder Krimis in der Reihenfolge ihres Erscheinens gelesen werden. So hält man mit den Sozialisationen der verschiedenen Protagonisten Schritt. Hermann hat sich eines der bekanntesten und berühmtesten Autorenpaare, nämlich Sjöwall/Wahlöö, zum Vorbild genommen. Die Geschichte der persönlichen Entwicklung ihres Polizeiermittlers, Kommissar Martin Beck, stand Pate bei der Konzipierung von Hermanns Polizeipersonal. So jedenfalls die Auskunft des Autors.

Daß spannende Kriminalromane nicht immer in Großstädten spielen müssen, beweisen nicht nur die bekannten Eifel-Krimis von Jacques Berndorf und einer kleinen Anzahl anderer deutscher Autoren. Spannend und mit Blick auf Menschen und Landschaft der Frankfurter Nachbarregion Westerwald sind auch die Krimis von Peter Hermann erzählt.

Um Mord und Totschlag im schönen Westerwald geht es in Statt Luft. Im Kessel eines längst stillgelegten und vollgelaufenen Steinbruchs wird in den Trümmern einer abgebrannten Fischerhütte die verkohlte Leiche des arbeitslosen Sozialarbeiters Thomas Winter entdeckt. Es ist sehr schnell klar, daß Winter weder durch Unfall noch durch Selbstmord ums Leben gekommen ist. Auch ein Verdächtiger ist schnell gefunden: der Arzt Arno Wenzel, der den Steinbruchsee gepachtet hat und dessen Ehefrau ein Verhältnis mit Winter hatte. So wird jedenfalls in der Gegend gemunkelt.

Oberkommissar Kurt-Georg Buschmann, mit der Aufklärung des Falles betraut, ist dieser Anfangsverdacht zu billig. Er beginnt mit seinen Ermittlungen in einer ganz anderen Richtung - keine leichte Aufgabe, wie sich sehr bald herausstellt.

Bombenlegern und anderen fragwürdigen Gestalten begegnet man in Luftikus. Natürlich auch Oberkommissar Buschmann von der Polizeiinspektion Montabaur, einer Kreisstadt in der Westerwaldregion. Der Kommissar muß in diesem Fall in zwei Richtungen gleichzeitig ermitteln. Zunächst geht es um den Familienvater Volkmar Mülling, der hoffnungslos der Spielsucht verfallen ist. Erst als so gut wie alles um ihn herum in Trümmern liegt, bringt ihn ein „heilsamer“ Schock von seinem Laster ab. Nicht ohne Grund wird Mülling zunächst in Verbindung mit dem seltsamen Tod der Leiterin einer Raiffeisenbank-Filiale gebracht. Für Georg Buschmann eine heikle Ermittlung, ist doch Mülling der Schwager von Buschmanns Kollegen Willy Gerdes.

Zentrales Thema des zweiten Buschmann-Krimis allerdings ist die Geschichte eines rechtsradikalen Bombenlegers, der die gesamte Polizei im Westerwald in Atem hält. Der erste Anschlag gilt einer Prüfhalle des TÜV, die zweite selbstgebastelte Bombe zündet ausgerechnet auf dem Parkplatz der Polizeiinspektion Westerburg. Mit diesen Bombenanschlägen will der anonyme Bombenleger erreichen, daß die Bewohner eines Asylantenheimes aus der Stadt, oder noch besser, gleich aus dem ganzen Landkreis vertrieben werden. Oberkommissar Buschmann gerät bei seinen Ermittlungen in eine brenzlige Situation. Schließlich kommt Kommissar Zufall Buschmann und seinen Kollegen zu Hilfe. Mit einem für alle Beteiligten überraschenden Ende kann dieser verzwickte Fall dann doch als aufgeklärt zu den Akten gelegt werden.

Daß man auf einem Westerwälder Bauernhof höchstens frische Eier oder Milch kaufen kann, weiß in der Gegend jedes Kind. Allerdings gibt es auch ganz anders geartete Gehöfte, wie in Landluft, Hermanns drittem Kriminalroman um Oberkommissar Buschmann, zu erfahren ist.

Eine Frankfurter Investmentfirma mietet von einem Westerwälder Bauern, der unverschuldet ins finanzielle Abseits geraten ist, einen nicht mehr genutzten Kuhstall. Zunächst sind die Bauersleute froh über das unverhoffte wie erkleckliche Zubrot. Aber schon bald spitzen sich andere Probleme zu. Der heroinabhängige und den Eltern verloren geglaubte Sohn kommt aus Deutschlands Drücker-Hochburg Frankfurt in das Dorf zurück. Gleichzeitig stellt sich heraus, daß die Investmentfirma ein Kuckucksei ist. Gutgläubige Investoren werden gnadenlos abgezockt, und die anfänglich bloß ungehobelten Manieren der Mitarbeiter dieser Firma arten aus in Gewalt, die in einen Mord auf dem Hof gipfelt. Oberkommissar Buschmann scheint an seine Grenzen zu stoßen. Er kann nicht verhindern, daß die Geschichte in ein blutiges Chaos mündet.

In Hermanns Westerwälder Krimis sind die Protagonisten keine übermächtigen Helden. Hermann kennt Grundhaltung und Gedankenwelt seiner agierenden Personen, da er mit der Region und den dort lebenden Menschen bestens vertraut ist. Seine Maxime: Schreibe und schildere nur das, was du auch wirklich kennst.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 9/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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