Eine Rezension von Ulrich Blankenfeld


Kati und Kyoko

Cathrin Kahlweit (Hrsg.): Jahrhundertfrauen
Ikonen. Idole-Mythen.

Verlag C. H. Beck, München 1999, 332 S.

 

Ja, warum denn nicht? Einmal die Frauenquote total übertreiben! Einmal reine Weiberwirtschaft! So neu ist das nicht. Das ist sowieso „Emma“-Masche. Ist die „Emma“-Masche der Maßstab, ist die „Teufelin“ nicht weit, die die schlimmsten Schmähungen ohnehin längst hinter sich hat. Wenn, dann wird die tapfere, trotzige Alice Schwarzer im klassischen Fach „Frauenrechte“ untergebracht. In dem sie als eine der „Jahrhundertfrauen“ gut aufgehoben ist. Zumindest sehen das die elf Damen so, die Cathrin Kahlweit um sich gruppierte. Die Frauen hatten die freie Wahl, je fünf Frauen auszuwählen, die für sie Repräsentationsfiguren des Jahrhunderts sind - ihrem journalistischen Ressort entsprechend. Mehr Auftrag als Auswahl war wohl, daß alle Autorinnen auch nach einem Jahrhundertmadl dieser Tage Ausschau hielten, das schon morgen im Schatten des 21. Jahrhunderts verschwinden wird. Das Schicksal teilen gewiß nicht wenige der gewählten Gestalten. Auf ihre „Idole“ starrend, haben die deutschen Journalistinnen eher ihren europäischen Heimatkreis als die große weite Welt gesehen. Aus dem großen Thema ist ein kleines Buch geworden. Das schwimmt im Strom der Bücher, die das 20. Jahrhundert stauen. Wo kein Platz für „Musikerinnen“ ist, ist der frei für „Gattinnen“ und „Virtuelle Frauen“. Zu ihnen gehört die vorwitzige Pippi Langstrumpf, die inzwischen auch stramm auf die Sechzig zugeht. Ein anderes Kleinkind - „das erste Computergirlie des Jahrhunderts“ -, Kyoko Date, Jahrgang 1996, läuft Pippi glatt den Rang ab. Abgehängt ist damit auch die Kati aus Karl-Marx-Stadt. Wie es der Witt und der Wolf, Christa, gelang, sich unter all die Westweiber zu mischen? Gibt das Witt-Porträt Aufschluß? Wie die meisten Porträts sind, sind sie etwas fürs weiblich-männliche Publikum, das seine Prominenten wiedererkennen will. Wen wundert’s, daß die Frauen, die über Frauen schreiben, sich nicht zu schade sind, Ben Gurion zu zitieren, der Golda Meir den „tüchtigsten Mann in meiner Regierung“ nannte. Mensch, Mädels, welcher Junge ließe sich so was gefallen?


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 7+8/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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