Eine Rezension von Helmut Caspar


Schöne Gartenkunst in Berlin und Umgebung

Gartenkunst in Berlin
20 Jahre Gartendenkmalpflege in der Metropole.
Hrsg. Landesdenkmalamt Berlin.
Schelzky & Jeep, Berlin 1999, 189 S., zahlr. Abb.

Gustav Meyer: Lehrbuch der schönen Gartenkunst.
Reprint der Originalausgabe von 1860.
Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1999, 192 S., 81 Zeichnungen, 24 Tafeln

 

Ausgrabungen auf dem Pariser Platz in Berlin ergaben vor einigen Jahren, daß sich trotz der Zerstörungen Ende des Zweiten Weltkriegs und der Eingriffe in Mauerzeiten unter Beton und Asphalt noch erstaunlich viele Reste des einstigen Schmuckpflasters, von Brunnen und Einfassungen erhalten haben - wichtige Relikte für die Gartendenkmalpflege zur Wiederherstellung des Areals vor dem Brandenburger Tor. Auch bei der Freilegung des Luisenstädtischen Kanals im ehemaligen Grenzbereich zwischen Kreuzberg und Mitte, auf dem Gendarmenmarkt oder im Tiergarten waren „Nachgrabungen“ für die Rückgewinnung historischer Zustände hilfreich, wie aus der deutsch-englisch verfaßten Dokumentation hervorgeht, die zum zwanzigjährigen Bestehen der Berliner Gartendenkmalpflege herausgebracht wurde. Unter dem Peter Joseph Lenné entliehenen Motto: „Nichts gedeiht ohne Pflege, und die vortrefflichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige Behandlung ihren Wert“, schildert das reich illustrierte Buch die Entwicklung der diesem Altmeister der Landschaftsgestaltung verpflichteten Gartendenkmalpflege in der ehemals zweigeteilten Stadt. Gartenbaudirektor Klaus von Krosigk, der auf Westberliner Seite von Anfang an dabei war und als Spiritus rector internationalen Ruf genießt, geht in seinem Rückblick auf die Grundinstandsetzung des Glienicker Schloßparks ein, die sich 1979 als Initialzündung für alle weiteren Aktivitäten dieser Art an der Spree erwies. Die authentische Wiederherstellung des von Lenné gestalteten Pleasuregrounds am Schloß des Prinzen Carl von Preußen in Sichtweite der Glienicker Brücke aufgrund detaillierter Quellenstudien und gartenarchäologischer Untersuchungen sei vorbildlich für Maßnahmen etwa im Tiergarten, im Charlottenburger Schloßgarten, im Kreuzberger Viktoria-Park, im Treptower Park sowie auf den für Berlin so charakteristischen Stadtplätzen und Villengärten gewesen. Aufgrund profunder Parkpflegewerke sei es gelungen, so von Krosigk, Identität, Schönheit und Aussagekraft der alten Parkanlagen zu erhalten und zurückzugewinnen. Im vorderen Teil des Buches äußern sich Mitarbeiter der dem Landesdenkmalamt angeschlossenen Berliner Gartendenkmalpflege über die Inventarisation historischer Gärten und Parks, schildern die Arbeiten in dem durch Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes „geadelten“ Glienicker Schloßgarten sowie die Wiederherstellung und Pflege von Villengärten, zu denen der Landhausgarten des Malers Max Liebermann in Wannsee gehört, um den sich die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg kümmert. Vorgestellt werden Pflegearbeiten in Siedlungen der Reformhausbewegung aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sowie auf berühmten Berliner Friedhöfen wie dem Jüdischen Friedhof in Weißensee und dem bis 1989 im „Mauerbereich“ liegenden und daher stark geschädigten Invalidenfriedhof. Nach Beseitigung störenden Wildwuchses und der Wiederherstellung von oftmals künstlerisch sehr hochwertigen Grabanlagen sind diese Bestattungsplätze wieder in einen vorzeigbaren Zustand zurückversetzt worden. Im Berichteteil finden sich, verbunden mit einem Lageplan und zahlreichen Vorher-nachher-Bildern, Angaben über 46 Projekte vom Gutspark in Britz bis zu den Anlagen in Buch, von der Kulturlandschaft Klein-Glienicke bis zur Köpenicker Schloßinsel.

Was der Hofgärtner von Sanssouci, Gustav Meyer (1816-1877), in seinem Lehrbuch der schönen Gartenkunst vor 140 Jahren geschrieben hat, besitzt noch heute in vieler Hinsicht Gültigkeit. Als Schüler und enger Mitarbeiter von Peter Joseph Lenné formulierte er Gestaltungsprinzipien unter anderem für große Volksparks, in denen er landschaftliche Schönheit mit einem hohen Maß an Nutzbarkeit für die Bewohner der Metropolen verband. Der zum zwanzigjährigen Bestehen der Gartendenkmalpflege in Berlin als Reprint herausgegebene Klassiker führt, begleitet von vielen Textabbildungen und farbigen Tafeln, in die Geschichte der Gartenkunst, nennt berühmte Beispiele vollendeter Verknüpfung von Bauwerken und gestalteter Natur. Meyer gibt Hinweise „Ueber Anfertigung des Entwurfs zu Papier und die technische Ausführung der Anlagen“, rechnet seinen Lesern gar die Kosten von Gartenarbeiten vor. Er mahnt zu umsichtigem Umgang mit dem gewachsenen Grün, zu Respekt vor dem Vorgefundenen, zu Verhältnismäßigkeit und Augenmaß. Aus langer Erfahrung weiß der Hofgärtner, der sich um das königliche Grün in Sanssouci und der Umgebung Potsdams ebenso wie nach seinem Umzug nach Berlin um die Anlage des Friedrichshains und des Treptower Parks verdient gemacht hat, daß man bei der „Vervollkommnung der Form“ auch mutig sein sollte: „Wer daher die Annehmlichkeit des Gartens noch genießen will, der pflanze zu rechter Zeit, gebrauche, um diesen Genuß sich und den Nachkommen zu erhalten, Axt und Messer nicht zu spät.“


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 7+8/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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