Eine Rezension von Thomas Przybilka


Der Ingenieur des Todes

Joe R. Lansdale: Akt der Liebe

Maas Verlag, Berlin 1999, 244 S.

 

Wer die Geschichte um Hannibal Lecter aus Thomas Harris’ Das Schweigen der Lämmer oder Roter Drache kennt und beide Bücher vielleicht mit etwas beklommenen Gefühlen gelesen hat, dem sei geraten, Joe R. Lansdales Hard-boiled-Krimi Akt der Liebe (Act of Love) entweder nur im Beisein seines Hausarztes oder nach Einnahme von Baldrian zu lesen!

Was Hell’s Kitchen für New York ist, das stellt Fifth Ward für Houston/Texas dar. Diese üble Gegend der texanischen Metropole gehört zum Ermittlungsbezirk von Leutnant Marvin „Gorilla“ Hanson und seinem Partner Joe Clark. Marve Hanson, für seine Klientel ein furchteinflößender Afroamerikaner, ist mit Tod, Blut und Gewalt in Fifth Ward leider nur allzu gut vertraut. Die bestialische Hinrichtung einer Prostituierten stellt allerdings alles bisher Gewesene in den Schatten. Ein perverser Killer, mit ausgesprochenen Neigungen zu Nekrophilie und Kannibalismus, macht nachts das verslumte Schwarzenviertel unsicher und versetzt Frauen in Angst und Schrecken. Fifth Ward wird zu einem einzigen großen Tableau für Russisches Roulette, bei dem Frauen immer nur die Verlierer sind. Innerhalb kürzester Zeit erleben die Bewohner wie Ermittlungsbeamten des Houston Police Departments einen Alptraum aus Blut, Gedärmen und verstümmelten Körpern. „Der Hacker“, wie sich der erbarmungslose Killer und „Ingenieur des Todes“ (Breinersdorfer) in Briefen an Hanson und die, eigenartigerweise stets gut unterrichtete, Boulevardpresse nennt, schlägt in immer kürzer werdenden Abständen gnadenlos und grausam zu. Seine blutrünstige Schlächterei endet in einer wahren Metzelorgie, die auch ermittelnde Detektive, Hansons Partner und sogar Hansons Familie trifft.

Lange vor Thomas Harris hat der Texaner Joe R. Lansdale die Raserei eines Serienkillers so brutal und auf so intensive Art beschrieben, daß dem Leser zeitweilig der Atem zu stocken und das Herz zu rasen beginnt. 1981 erschien Act of Love und kann somit als eine Art Prototyp des Serialkiller-Genres angesehen werden. Act of Love, als gekonnte Melange aus Krimi, Suspence, Horror und Police-Procedural, ließ bald andere Autoren das Sujet des Serienkillers aufgreifen. Was vormals von Alfred Hitchcock in „Psycho“ meisterhaft angedeutet wurde, wird von Lansdale geradezu brutal und unerbittlich in Worte gefaßt.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 6/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

zurück zur vorherigen Seite