Eine Annotation von Bertram G. Bock


Fennelly, Tony: Kreuzfahrt mit Biß

Rotbuch Verlag, Hamburg 1999, 269 S.

 

Der erste Tote auf Seite 5. Die nächste spannende Stelle auf Seite 192 (!), 21 Seiten später die nächste Leiche, und auf Seite 269 ist mit allem Schluß. Mit Biß ist dieser Krimi auf keinen Fall, sondern eine Mogelpackung, wie man sie nur selten zu Gesicht bekommt. Klappentexten darf man eh nicht vertrauen, doch bisher konnte man wenigstens 10 Prozent des Versprochenen auch erwarten. In diesem Fall nicht einmal mehr das. Der angekündigte O.J.-Simpson-Prozeß aus dem Jahre 1995 taucht zwar mehrmals auf, wird aber so nachlässig und belanglos mit eingebaut, daß ein Verzicht kein Verlust gewesen wäre. (Zur Geschichte an sich trägt er eh nichts bei.) Die giftige Korallenschlange, die eine „tragende Rolle“ spielen soll, ist eine nette Nebenrolle und die Ich-Erzählerin und Klatschkolumnistin Margo Fortier einfach nur geschwätzig.

Ort der Handlung ist ein Schiff, auf dem sich Verleger, Buchhändler und Krimi-Autoren treffen. Somit sind Tür und Tor für die notwendige Nabelschau geöffnet, angereichert durch billige Plots, durchschaubare Geheimnisse und unspektakuläre Erklärungen. Man weiß immer schon im voraus, was kommen wird, und daß nur die eine Person der Mörder sein kann, wird einem spätestens zur Hälfte des vermeintlichen Krimis klar. Diese Geschichte strotzt nur so vor Allgemein- und Plattheiten, ist frei von jeder Spannung und Stimmung (selbst die beiden angedeuteten Bettszenen geraten peinlich langweilig) und dürfte unter der Rubrik „Krimi-Kitsch“ einen Ehrenplatz bekommen. Denn am Ende wird geheiratet, daß sich die Balken biegen - selbstverständlich ist so gut wie keine der Verbindungen auch nur annähernd motiviert.

Mag sein, daß sich Krimiautoren in Fennellys schlechtestem Krimi wiederfinden können, der Leser hingegen fühlt sich nur auf den Arm genommen - und wenn ein Mantel des Schweigens über diesen Krimi gebreitet würde, es wäre gutgetan.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 6/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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