Eine Annotation von Sven Sagé


Klosinski, Gunther: Wenn Kinder Hand an sich legen

Selbstzerstörerisches Verhalten bei Kindern und Jugendlichen.

C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1999, 144 S.

 

Es ist nicht leicht, achtzehn zu werden. Wer würde achtzehn - wer? - wenn wir in dem Moment stürben, in dem wir das erste Mal den Wunsch haben zu sterben? Egal, ob aus Trotz, Ängstlichkeit, Widerspruch, Wut... Wenn wir, wie man sagt, das ganze Leben noch vor uns haben, wenn also das eigenständige Leben beginnt, so zwischen zwölf und zwanzig, stellen wir das Leben am häufigsten in Frage. Kein Zufall in dieser Zeit größter Unentschiedenheit und Ungewißheit. Ist nicht auch dazu längst genug gesagt? Ist! Ungeachtet dessen äußert sich der Tübinger Kinder- und Jugendpsychologe Gunther Klosinski in seinem Buch Wenn Kinder Hand an sich legen zum Thema, das immer wieder die Gemüter bewegt. Für den Professor sind die kindlich-jugendlichen Versuche, die eigene Existenz zu beenden, zumeist Warnungen und Strafaktionen. Die Selbstzerstörung ein riskantes Spiel mit der eigenen Person, um eine andere zu treffen? Klosinski ist die Solidität des Wissenschaftlers wichtiger als jedwede populäre Äußerung und Aussage.

Der Herr Professor trägt das vielschichtige Thema derart seminaristisch vor, daß er mit seiner Schrift eher Gehör bei Kollegen finden wird als bei jenen Menschen, die irgendwann der „Schicksalsschlag“ Selbstmord trifft. So oder so! Sie müssen sich nun nicht gleich das Leben nehmen, weil Sie partout nicht kapieren, was Ihnen Klosinski beibringen will. Mißzuverstehen ist nicht, was er sagt. Wie er was sagt, ist nicht ohne weiteres zu verstehen. Das ist nicht Ihre Schuld! Daß das Sich-nicht-Verstehen, also Verständigen, Ursache fürs Sich-Zerstören ist, weiß man ja! Und ist gut genug gewappnet?!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 6/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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