Eine Annotation von Björn Berg


Brüll, Lydia (Hrsg. und Übers.): Japanische Weisheit.

Verlag Philipp Reclam jun., Stuttgart 1999, 303 S.

 

Lydia Brüll will nicht langweilen. Genau das aber tut sie mit ihrer durchaus nicht dummen, doch schwunglos-lehrhaften Einleitung zu dem Buch Japanische Weisheit. Brüll leugnet nicht die Weisheiten anderer Nationen, Völker, Religionen, Dichtungen, Künste, Philosophien. Womit ein weiteres Mal eingestanden ist, daß Weisheit, wie Glück und Leid, eine globale Angelegenheit ist, die keine Nation... für sich gepachtet hat. Ungeachtet dieser Weisheit versuchen Verlage seit ehe und je, regionale Weisheiten globalen Inhalts den Lesern schmackhaft zu machen. Wer von den wiederkehrenden Büchern purer Weisheit absolut nicht die Pfoten lassen kann, hat eine Serie von Bänden beieinander, die alle Weisheiten der Welt aufwiegen. Angefangen mit den sinnlichen der Araber bis hin zu den philosophischen des Buddhismus. Lydia Brüll hat sich durch das Labyrinth der geistigen Welten Japans getastet und einiges von dem zusammengetragen, was Mönche, Gelehrte, Dichter, Künstler, Staatsleute an Klugem absonderten. Was von so einem Buch wie Japanische Weisheit erwartet wird, erfüllt das Buch. Kirschblütenblumige Weisheiten blühen en Masse auf elfenbeinfarbigem Blatt. Manche Blüte der Weisheit sieht so alt aus, wie sie ist, also reichlich welk. Wieso sollten Japans Weisen weiser sein als andere Weisen anderswo? Vieles ist andernorts schon witziger formuliert worden. Gern und ganz ist der Geistesblitz zu akzeptieren: „Blühende Blumen / welcken nur zu bald dahin / Unscheinbare / Binsenwurzeln auf breitgeschweiftem / Berge - die dauern lang.“

Wie Binsenweisheiten!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 6/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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