Eine Annotation von Gisela Reller


White, Robin: Sibirische Tiger

Thriller.
Aus dem Amerikanischen von Hedda Pänke

Limes Verlag, München 1997, 503 S.

 

Dieser Politthriller läßt nichts aus: nicht Mord, Raub, Vergewaltigung, nicht die russische Mafia, korrupte Politiker, den alten KGB, menschliche Perversion, dubiose Geschäfte, auch nicht Liebe und Leidenschaft... Und all dies effektvoll-spannend vor der Kulisse des neuen Rußland und der neuen Russen. „Rußland war ein Schattenland geworden, eine Karikatur, eine Müllhalde, auf der sich Aasfresser und Diebe bedienten.“ Interessant aber ist das Sujet des schauerlichen „Sibirischen Tigers“ durchaus: Auf einem von Amerikanern kontrollierten sibirischen Ölfeld, dem AmerRus, wird kein Öl gefördert, statt dessen passieren dort äußerst merkwürdige Dinge. Ist Menschenhandel im Spiel? Schmuggel mit Tigerknochen, für die auf dem chinesischen Markt viel Geld bezahlt wird? Als in der nahe gelegenen sibirischen Kleinstadt Markowo ein „businessman“ und zwei Milizionäre ermordet werden, tritt Bürgermeister Gregorij Merkow auf den Plan. Weit und breit sind Merkow und sein Fahrer die einzigen guten Menschen. Der unbestechliche Bürgermeister muß auch noch wohlgestalt sein, denn wie sonst könnte sich die schöne amerikanisch-russische Tigerlady so leidenschaftlich in ihn verlieben. Leider steht in diesem äußerst einfallsreichen Buch die reine Action im Vordergrund, so daß viele handelnde Personen und wichtige Ereignisse zuwenig ausgelotet sind. Aber immerhin, was es mit AmerRus wirklich auf sich hat, das überrascht nach über fünfhundert blutrünstigen Seiten sogar den einiges gewöhnten Leser.

Robin White, 1954 in Atlantic City geboren, in New Jersey aufgewachsen, hat Wissenschaftsgeschichte, Literatur und Architektur studiert, seinen Flugschein gemacht und als Pizzabäcker, Ölbohrarbeiter, Energieberater, Wissenschaftsjournalist und Architekt gearbeitet, bevor er Schriftsteller wurde. Von dem Stoff, der so reißerisch daherkommt, versteht er also was. Aber von Sibirien? Da helfen auch die zahlreichen (nicht einmal immer richtig geschriebenen) russischen Vokabeln nicht.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 6/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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