Eine Rezension von Waldtraut Lewin


Ein Autor kommt auf den Hund

John Fante: Westlich von Rom

Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Doris Engelke.

Ullstein Verlag, Berlin 1998, 173 S.

 

Es gibt Parallelen: John Fante ist von Haus aus Drehbuchautor italo-amerikanischer Provenienz wie sein Held, nicht sonderlich erfolgreich wie selbiger. Und wenn Fante von dem Roman seiner in Ich-Form erzählenden Hauptfigur sagt, er sei „in Wirklichkeit ein ausführliches Treatment für ein Drehbuch, eine platte, sterile, eindimensionale Blaupause für einen Film“, dann kann ich nicht umhin, dies Urteil wiederzugeben. Es ist was dran. Der da so gnadenlos mit seinem Alter Ego und dessen Produkt ins Gericht geht, John Fante also, ist schon seit 15 Jahren tot. 1909 geboren, glückloser Scriptwriter in Hollywood, wurde er in den sechziger Jahren von Charles Bukowski wiederentdeckt. Und Ullstein fühlt sich bemüßigt, das 1987 zuerst im Deutschen erschienene Buch nun neu aufzulegen.

Nun ja. Eigentlich ist es ja eine schöne Geschichte. Henry Molise, mäßig erfolgreicher Drehbuchautor mit Magengeschwüren und vier halberwachsenen und mehr oder weniger chaotischen, stets aber ihm auf der Tasche liegenden Kindern, findet in seinem verwilderten Garten einen riesigen schwarzbraunen Hund, der sich nicht vertreiben läßt und, abgesehen von einem gigantischen Appetit, die Eigenschaft hat, jeden Menschen oder Hund der Umgebung vergewaltigen zu wollen. Dies Biest und die immer weiter eskalierenden Eskapaden seiner Gören treiben Molise zur Verzweiflung. Eigentlich will er nur eins: alles hinschmeißen und abhauen in die italienische Heimat seiner Väter, „westlich von Rom“ leben, ganz allein, ohne Familie, ohne Hund. Aber als es denn schließlich so weit ist, alle vier Kinder aus dem Haus, der Hund weggerannt, Auto und alles andere, was nicht niet- und nagelfest ist, verkauft (das Haus will keiner), da stellt er fest, daß er ja eigentlich doch nicht will. Und nicht kann. Seine alten Verhaltensweisen sind so eingefahren, die Luft ist dermaßen raus - Molise kann sich nicht von der Stelle rühren. Schließlich verwendet er das zusammengekratzte Reisegeld, um den fatalen Hund zurückzukaufen, nebst einem Schwein, bei dem die sexistische Töle endlich platonische Liebeserfüllung gefunden hat.

Das ist nicht ohne Witz und mit geübter Hand gemacht, aber das Wort von der Blaupause für einen Film, das hätte Fante lieber nicht selbst aussprechen sollen. Es trifft haargenau die Schwächen des Buches: Den mangelnden Tiefgang und die holzschnitthaften Konturen der Gestalten, ihr Hin und Her auf dem Schachbrett eines Film-Sets, die Schnittechnik, mit der einzelne Szenen aneinandergereiht werden. So kommt letzten Endes nicht viel mehr heraus als ein Spaß. Es fehlt leider der Regisseur, der die nächste Dimension dazugibt. Schade.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 5/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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