Eine Annotation von Birgit Pietsch


Scheck, Thomas: Denkmalpflege und Diktatur im Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus

Verlag für Bauwesen, Berlin 1995, 284 S.

Zum Nationalsozialismus fällt einem nicht unbedingt Denkmalschutz, sondern eher Denkmalzerstörung ein, egal ob man an die verwüsteten Synagogen im eigenen Land denkt oder an zerstörte Schlösser wie die von Petershof oder Warschau. Doch auch hier hatte dieses System seine Logik, sollte Denkmalschutz ja das, was man zur eigenen, bewahrenswerten Kultur zählte, erhalten. So ergaben sich für Denkmalschützer im Dritten Reich zuvor ungeahnte Möglichkeiten. Thomas Scheck widmet sich dem bislang wenig beachteten Zusammenspiel von Denkmalpflege und Politik zwischen 1933 und 1945. Er stellt bei Denkmalschützern und Konservatoren bereits in der Weimarer Republik Positionen fest, die sich mit der nationalsozialistischen Kulturauffassung deckten, so die Abneigung gegen die radikalen Tendenzen der Moderne, die Vorstellung von einer sich gleichmäßig entwickelnden Kultur, die nationalen Tendenzen und die Ablehnung der Republik. Der Autor konstatiert nach 1933 eine allmähliche Instrumentalisierung der Denkmalpflege durch die politische Führung. Besonders gefördert wurden Burgenrestaurierung, die Erforschung und Erhaltung von Bauernhäusern sowie die Altstadtsanierungen. Negativ bewertete man die künstlerische Hinterlassenschaft des Kaiserreiches. Konkrete Auswirkungen auf Restaurierungen erfolgten, indem man moderne Elemente fast völlig vermied und statt dessen eher historisierende Formen verwendete. So, wie es aber keine einheitliche Kunst und auch Baukunst des Dritten Reiches gab, so existierte auch keine absolut einheitliche Praxis bei Restaurierungen. Wenige Beispiele für eine völlige Anpassung an politische Vorgaben fand der Autor u. a. bei der „Romanisierung“ der Quedlinburger Stiftskirche oder der Wiederherstellung von Burganlagen. Obwohl in diesem Buch das Land Schleswig-Holstein besondere Aufmerksamkeit erhält, gelingt es darüber hinaus, ein detailliertes Bild denkmalpflegerischer Arbeit im Dritten Reich generell zu zeichnen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 5/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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