Eine Annotation von Helmut Caspar


Archäologie in Berlin und Brandenburg

Band 4. Herausgegeben von der Archäologischen Gesellschaft in Berlin und Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem Brandenburgischen Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte und dem Landesdenkmalamt Berlin.

Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1998, 169 S. mit 170 Abb.

 

Rund 4000 Jahre menschliche Siedlungsgeschichte auf 169 Seiten, das ist, kurz gesagt, der Inhalt des nunmehr 4. Bandes des Jahrbuchs Archäologie in Berlin und Brandenburg. Erfaßt sind in dem reich illustrierten, für einen weiten Leserkreis bestimmten Band rund 70 von etwa 550 Ausgrabungen, die 1997 in beiden Bundesländern gemacht wurden. Die Leiter der herausgebenden Institute, Karin Wagner und Jürgen Kunow, würdigen in ihren Übersichten zu Beginn des Buches die Arbeit der haupt- und ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger, die oftmals unter hohem Zeitdruck, weil ihnen Bagger und Bauleute buchstäblich im Nacken sitzen, wichtige Informationen über die Region und das Leben ihrer Bewohner von der Steinzeit bis fast in unsere Tage sammeln. Zur besseren Übersicht ist das Jahrbuch nach großen Epochen der Menschheitsgeschichte gegliedert, beginnt also mit der Steinzeit und endet im 18. Jahrhundert bei der Analyse eines bei Herzberg vergrabenen Münzfundes. Hilfreich ist eine den Texten vorgeschaltete Übersichtskarte, auf der die in dem Band vorgestellten Grabungen eingezeichnet sind. Wenn in weiteren Folgen noch die betreffenden Seitenzahlen angegeben werden, wäre die Information optimal. Der Leser findet sich mit einiger Übung doch zurecht und erfährt unter anderem, daß viele Maßnahmen, etwa im Zusammenhang mit dem Braunkohletagebau in der Lausitz, beim Straßen- und Leitungsbau oder bei Erschließungsarbeiten in den Altstädten und im ländlichen Raum, nur als Rettungsgrabungen durchgeführt werden konnten. Das Jahrbuch stellt die wichtigsten vor und bietet neben Fundberichten aus Perleberg und Prenzlau, Brandenburg (Stadt) und Berlin, Frankfurt/Oder, Herzberg, Cottbus und zahlreichen anderen Grabungsstätten auch Ergebnisse der mit großem Erfolg in Seen und an Flüssen betriebenen Unterwasserarchäologie und macht darüber hinaus mit Ergebnissen von Materialanalysen an uralter Keramik bekannt. Für Berlin steuert der Band unter anderem die Resultate von Ausgrabungen im Bezirk Mitte (Schloßplatz, Ministergärten, Friedrichswerder) sowie in speziellen Beiträgen auf einem eisenzeitlichen Gräberfeld in Steglitz und dem ehemaligen katholischen Friedhof im Bezirk Mitte bei. Beispiele für solche „Schneisen in die Geschichte“ sind, um in die älteste Geschichte zu gehen, auch die Grabungen in einer jungsteinzeitlichen Siedlung, die in Niebede aufgespürt wurde. Dergleichen ist in Brandenburg sehr selten, und die Ausbeute hat großen wissenschaftlichen Wert. Einblicke in die frühgermanische Besiedlung vor 1700 Jahren haben auch Grabungen im Vorfeld des Tagebaues Jänschwalde ergeben. Nach dem im Denkmalschutzgesetz verankerten „Verursacherprinzip“ kommt hier die Laubag für die Grabungen auf. In vielen anderen Fällen kämen die Archäologen jedoch ohne diese Finanzspritzen nicht zum Zuge. Allerdings kann sie sich nicht jeder Bauherr leisten.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 5/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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