Eine Annotation von Bertram G. Bock


Fry, Stephen: Columbus war ein Engländer

Geschichte einer Jugend.
Aus dem Englischen von Georg Deggerich.

Haffmans Verlag, Zürich 1998, 395 S.

 

Vermutlich gehört schon eine gute Portion Eitelkeit und Selbstbewußtsein dazu, sich hinzusetzen und seine Biographie zu schreiben. Und eine noch größere Portion, wenn man gar nicht mal so alt ist und gerade etwas Abstand zu seiner Kindheit und Jugend gewonnen hat. Was auch immer Stephen Fry bewogen haben mag, die Geschichte seiner (und nicht irgendeiner) Jugend zu schreiben, es ist ihm in der Hinsicht gelungen, daß sie „natürlich“ daherkommt. Von Eitelkeit und einem „Ich war aber ein wilder Kerl“ ist nichts zu spüren. Vielmehr betrachtet Fry seine Jugend mit leichter Ironie und einer gewissen Selbsterkenntnis, die aber den Schalk, der Fry so gut wie grundsätzlich im Nacken sitzt, nicht vertreiben.

Es ist sowohl die Geschichte s e i n e r Jugend, wie auch die Geschichte einer Jugend, denn es wird einige Engländer geben, die im Grunde Vergleichbares erlebt haben. Als Siebenjähriger wird Fry aufs 300 Kilometer entfernte Internat geschickt. Was folgt, sind Prügel, Streitereien, Freundschaften, Liebe, Liebeskummer, Schmerz, das Übliche eben. Unüblicher dann Frys weiterer Werdegang: Selbstmordversuch, Schulverweise, Scheckbetrug und Urkundenfälschung, die ihn ins Gefängnis bringen.

Was positiv auffällt, ist Frys Umgang mit seiner Homosexualität. Sie wird weder problematisiert noch übergangen; er ist eben homosexuell, und das wird da thematisiert, wo es etwas zu sagen hat. Mit seiner Homosexualität wird wie mit anderen Themen nicht Effekthascherei getrieben oder versucht, skandalträchtig zu wirken. Fry versucht auch nicht, sich als Prototypen hinzustellen, wie er auch nicht darauf aus ist, sich als Einzelgänger darzustellen. Er erzählt seine Geschichte, unspektakulär-interessant wie alle anderen biographischen Geschichten auch. Kurz und gut: ein ehrliches Buch mit Witz und Charme. Wer will, kann sich darin erkennen, wer nicht will, läßt es eben sein.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 5/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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