Eine Annotation von Jan Eik


Przybilka, Thomas: Krimis im Fadenkreuz

Kriminalromane, Detektivgeschichten, Thriller, Verbrechens- und Spannungsliteratur der Bundesrepublik und der DDR 1949-1990/92.

Eine Auswahlbibliographie der deutschsprachigen Sekundärliteratur.

Baskerville Bücher, Köln 1998, 454 S.

 

Dieses Buch ist ein Kompendium für den Fachmann und den interessierten Laien, wie es so schön heißt. Auf dem von Thomas Przybilka, dem Gründer und Betreiber des Bonner Krimi-Archivs für Sekundärliteratur, beackerten Feld dürften das neben den Bibliotheken vielfach die gleichen Interessenten sein. Die literaturwissenschaftliche Aufmerksamkeit für den - noch dazu einheimischen- Krimi hält sich in Deutschland noch immer in engen Grenzen. Das beweisen nicht zu letzt die relativ wenigen Beiträge von Fachwissenschaftlern, die von Przybilka erfaßt worden sind.

Nun liegen also gewissermaßen die Gelben Seiten des deutschsprachigen Krimis vor, mit außerordentlicher Akribie und kaum einzuschätzendem Aufwand zusammengetragen. Die Liste der Krimi-Autoren und Rezensenten ist lang und überraschend. Carl Amery findet sich da ebenso wie der im Osten besser bekannte Hans Koch (der sich mit einem selbstinszenierten Krimi aus dem Realsozialismus verabschiedete), der unvergessene Richard K. Flesch neben Manfred Bieler, Geno Hartlaub oder Helmut Heißenbüttel. Honorige Namen wie Max Frisch, F.C.Delius und Peter Handke tauchen auf, und unversehens trifft man unter den Autoren des geschmähten Genres auf Yaak Karsunke, Walter Kempowski und Martin Walser. Ein Gutteil der einschlägigen Kritik stammt von den Krimi-Verfassern selbst, Jürgen Alberts, Horst Bieber, Gisbert Haefs, Richard Hey, Reinhard Jahn (H.P.Karr), Hartmut Mechtel, Michael Molsner, Friedhelm Werremeier, Peter Zeindler und etliche andere haben sich an der Theorie des Genres oder den Werken der KollegInnen versucht.

Liest man sich in dieser Bibliographie fest, so fällt es leicht, die ideologischen Grabenkämpfe um das Genre in der DDR von Hasso Mager bis oder gegen Kuczynski nachzuvollziehen (die meisten Beiträge dazu sind in Reinhard Hillichs Sammlung Tatbestand 1988 enthalten), aber auch die Anerkennungskämpfe der bundesdeutschen Autoren in den siebziger und achtziger Jahren, die manchen Erfolg und andauernde Mißerfolge brachten.

Das übersichtlich gestaltete Buch erfaßt in drei jeweils nach allgemeinen Darstellungen, Autoren und Protagonisten (von Hans Bärlach - wußten Sie den Vornamen? - über Ernst Bienzle und Bella Block bis zu Paul Trimmel) untergliederten Hauptabschnitten zehntausend Angaben zur Sekundärliteratur der Bundesrepublik und der westlichen deutschsprachigen Staaten bis 1990, der DDR für den gleichen Zeitraum, und im dritten Teil die einheitliche Auflistung 1991/92. Dazu kommen 550 Varia und ein umfassender Registeranhang, der die Handhabung zusätzlich erleichtert. Darin wird auch ein großer Teil von Pseudonymen gelüftet.

Wer sich für den deutschsprachigen Krimi begeistert oder sich gründlich darüber informieren will, greift künftig ganz gewiß zum „Przybilka“ von Baskerville in Köln, wo auch eine Bibliographie deutschsprachiger Sherlock-Holmes-Veröffentlichungen und eine Neuausgabe von Alfred Lichtensteins literarischer und forensisch-medizinischer Studie Der Kriminalroman aus dem Jahre 1908 erschienen sind.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 4/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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