Eine Annotation von Karl-Heinz Arnold


Ebertowski, Jürgen: Kelim-Connection

Ullstein Buchverlage, Berlin 1998, 200 S.

 

Ein Taschenbuch-Krimi in Ullsteins Gelber Reihe, zum alsbaldigen Verbrauch bestimmt. Ebertowski ist alles andere als ein Anfänger in diesem Genre, aber mit der Kelim-Connection hat er kein Glanzstück geliefert. Das Bändchen ist geeignet, Vorbehalte gegen Kriminalliteratur aus deutschen Federn zu nähren. Sie hat es seit jeher schwer oder tut sich schwer, gegen die englischsprachige anzukommen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Hier liegt keine Ausnahme vor.

Die Einwände haben überhaupt nichts mit der Sprache zu tun. Der Autor weiß mit dem Deutschen umzugehen, alles ist sauber, die Sätze sind kurz und gut gebaut. Auch die einzelnen Handlungen, die Passagen, die 22 Kapitel in sich sind übersichtlich. Ebenso gibt es keinen Einwand gegen den kompositorischen Kunstgriff, die Story mit einem vergifteten Reisebüromanager anzufangen, der in einer Berliner Privatklinik liegt und weiter um sein Leben fürchtet, dann in einer Art Hauptteil mit diversen Ermordeten und Liebesaffären rückblendend zu schildern, wie das Gift in den Mann gekommen ist, und schließlich wieder in der Klinik zu landen, wo unser Reisebüromensch ein weiteres Mal gerade noch davonkommt.

Das Unbehagen, das sich bei der Lektüre einstellt (sicherlich wird es nicht jedermann beschleichen), hat andere Gründe. Es sind zwei, wenn man von dem Epilog absieht, mit dem im Schnelldurchlauf einige ausstehende Erklärungen nachgereicht werden, die der Autor dem Leser schuldet, aber vorher nicht unterbringen konnte.

Erstens wird man mit einer Fülle von nebensächlichen Schilderungen und Dialogen überhäuft, die weder dem Gang der Handlung dienen noch einen anderen erkennbaren Sinn haben. So bekommt der Leser wiederholt Hinweise darauf, daß des vergifteten Mannes Reisebüro im oft erwähnten Hotel Adlon „zwei Suiten permanent mieten“ möchte oder gar drei, aber erst einmal nur eine bekommt, was ja bedauerlich sein mag, doch für diesen Krimi überhaupt keine Rolle spielt. Oder eine Sekretärin des unzweifelhaft vornehmen Reisebüros ruft unserem Mann und dessen Kollegen aus demselben Stall ein Taxi. „Ihre Dienstwagen sind heute leider zur Inspektion“, sagte sie entschuldigend. „Aber morgen mittag stehen sie für Sie bereit.“ Der Leser fühlt sich durch Überflüssiges belästigt, zumal über weite Strecken des Hauptteils wenig Aufregendes geschieht.

Zweitens hat der Autor offenbar einen an Altmeister Simmel gemahnenden Hang, die große Welt der feinen Leute erlebbar zu machen, und dies wirkt streckenweise penetrant. „Ali bestellte zum Abschluß Calvados, auf Flasche gezogen im Jahr meiner Geburt.“ Oder: „Livia zündete eine Kerze an und ging in die Küche. Ich hörte sie hantieren. Sie kam mit zwei Flaschen alten Bordeaux und einigen Imbißhappen zurück.“ Und ich, der Reisebüromann, „vergaß auch Livias bevorzugte Champagnermarke nicht“. Und Livia „stieß mit dem Ellenbogen gegen ihr Glas. Der Teppich war so dick wie das Tafelsilber massiv. Der Cognac-Schwenker überstand den Fall. Der Kellner brachte wortlos, mit einer tiefen Verbeugung, einen neuen Armagnac.“ Und damit das Ambiente vollständig stimmt, ist unser Mann kein gewöhnlicher, sondern ein Adelsmann, mit vorne von. Das macht sich immer gut, aber es macht noch keinen guten Krimi.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 4/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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