Eine Annotation von Licita Geppert


Shreve, Anita: Die Frau des Piloten

Roman.
Aus dem Amerikanischen von Christine Frick-Gerke.

Piper Verlag, München, Zürich 1998, 277 S.

Die Unglücksmeldung erreicht Kathryn zehn Minuten nach drei Uhr in der Nacht: Jack, ihr geliebter Ehemann und Vater der gemeinsamen Tochter Mattie, ist mit seinem Flugzeug kurz vor der irischen Küste nach einer Explosion abgestürzt. Die Leiche ist auch nach endloser Suche ebensowenig auffindbar wie die vieler anderer Passagiere. Tatkräftige Unterstützung in dieser schweren Zeit erfährt Kathryn nicht nur von ihrer Großmutter Julia, bei der sie aufgewachsen war, sondern auch von Robert, einem Vertreter der Gewerkschaft, der Kathryn - wie in solchen Fällen üblich - vor der Presse abschirmen soll, damit keine unliebsamen Theorien über den Absturz durch sie in Umlauf geraten.

Kathryns Fassungslosigkeit über das abrupte Ende einer erfüllten, glücklichen Ehe wandelt sich nach und nach in eine akribische Suche nach Erklärungen für all die Ungereimtheiten in Jacks Leben, die erst nach seinem Tode zutage treten. Wer ist M.- Muire? Was verbindet Jack mit dieser Frau? Die Lösung ist naheliegend, wenn auch nicht geographisch. Um diese zwar ungemein spannend erzählte, aber dennoch recht simple Dreiecksgeschichte aufzupeppen, baut die Autorin, die vom Verlag als eine der „erfolgreichsten literarischen Schriftstellerinnen“ (bitte, was ist das?) apostrophiert wird, eine noch simplere IRA-Story ein, die in die bis zu diesem Zeitpunkt psychologisch ausgefeilte Erzählung eine in jeder Hinsicht völlig unmotivierte und unsinnige Handlungs- bzw. Erklärungsebene einfügt. Das trübt das Lesevergnügen eines ansonsten mit gutem sprachlichen Gefühl geschriebenen Romans im letzten Viertel erheblich.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 3/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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