Eine Rezension von Hans Aschenbrenner


Von elegant bis grobgekloppt

Margitta Beyer/Frank-Norbert Beyer (Hrsg.):

Spo(r)tt ist Mord - 50 Cartoonisten fighten gnadenlos mit!

Mit einem Vorwort von Dieter Hildebrandt.

Sportverlag, Berlin 1997, 127 S.

Gnadenlos subjektiv, wie es ihrem Metier so gut ansteht, gehen in diesem repräsentativen Cartoonband 50 der bekanntesten Künstler der deutschen Cartoon-Szene das Thema an. Sie servieren Spo(r)tt ist Mord mit Humor und einfallsreich, vergnüglich, bissig bis rabenschwarz, stets pointiert. Das dem Betrachter vorgesetzte Menü ist abwechslungs- und überraschungsreich. Nur so konnte es gelingen, dem Phänomen „Sport“ einigermaßen realitätsgerecht zu entsprechen. Dieter Hildebrandt spricht im Vorwort einige Wahrheiten, wenn auch zugespitzt, so doch ganz unverblümt aus. Es klingt sehr ernst und soll gewiß die von ihm nicht genannten positiven, unverdorbenen Seiten des Sports auch in der heutigen Zeit nicht beeinträchtigen, wenn er mit drastischer Ironie Thesen untermauert wie: Sport ist die ungesündeste Art aller Überlebensversuche. Sport hetzt uns aufeinander. Sport ist eine legalisierte Form von Verfassungsbruch. Sportberichterstattung ist bereits Beihilfe zum Mord. Sport ist die Lösung keines Problems. Sport ist selbst eins. Sport ist lebensgefährlich.

So wird der Betrachter gleich zu Beginn realistisch auf die Cartoons eingestimmt, die ihn in dem übersichtlich und gut gestalteten, großformatigen Band erwarten. Mit spitzer Feder nehmen Cartoonisten ganz unterschiedlicher Couleur Sportliches und Unsportliches, und was sonst heute alles in den Sport hineinspielt, aufs Korn. Mitunter kann (soll) man da schon auf den Gedanken kommen, was manche Dinge eigentlich noch mit Sport zu tun haben. Ironischer Umgang mit Aktiven und ihren Fans, mit Kapriolen und Kuriositäten, mit den unerbittlichen Fouls unserer Zeit, wie Kommerzialisierung, Sponsorentum, Doping und vielem mehr, sind Felder, auf denen die Cartoonisten glänzen. Ihre in Farbe gehaltenen Karikaturen treffen dabei nur allzu oft ins Schwarze. Mal sind sie leicht, mal schwer zu entschlüsseln. Es ist schon kraß anzusehen, wie ein Stier nach bestandenem Kampf in der Arena zur „DOPING CONTROL“ stampft. Oder: Eitel fordert ein Läufer, dessen Startbahn mit 0 und nicht mit 1 gekennzeichnet ist (daneben Athleten auf den Bahnen 2, 3, 4, 5... bereits in Startpose), daß nicht die 0 mit der 1 ausgetauscht wird, sondern nun sein Name auf der Bahn stehen soll. Viele Bewerbungen in Form von Papierfliegern mühevoll vom Dach eines Hochhauses ins Land zu schicken, erscheint sozusagen als eine neue Art sportlicher Betätigung. Im Porträt trefflich dargestellt sind Berti Vogts (dazu die lakonische Bemerkung: „Wir sind die Größten!“), Steffi Graf, Boris Becker, Axel Schulz und Michael Schumacher. In ihrer Mimik und Gestik spielt alles mit, vom sportlichen Ehrgeiz bis zum maßlos übersteigerten Kult um ihre Person, „vom Hang zum schnöden“ Mammon und natürlich auch Frust.

Das sind nur einige von vielen Motiven in dieser gelungenen Publikation. Die Namen der darin vertretenen Künstler lesen „B“: Jutta Bauer, Franziska Becker, Roland Beier, Harm Bengen, Frank-Norbert Beyer, Manfred Bofinger, Peter Butschkow, Henry Büttner, oder „H“: Gerhard Haderer, Barbara Henniger, HOGLI, Rudi Hurzlmeier, und so setzt sich das fort bis „Z“ wie Ottfried Zielke. Auf den letzten Seiten des Buches wird jeder Künstler im Selbstbildnis und mit seinen allerwichtigsten Lebensdaten vorgestellt. Außerdem hat er Gelegenheit zu einem persönlichen Mini-Statement zum Sport.

Margitta und Frank-Norbert Beyer haben bereits mehrere Bild-Text-Bände für den Sportverlag Berlin gestaltet und stets inhaltlich mitkonzipiert. Beide Grafiker arbeiten als Illustratoren für die Werbung, für Printmedien und Verlage. F.-N. Beyer, Mitbegründer der Cartoon-Fabrik Köpenick, hat sich mit eigener Arbeit im Buch als ein Insider auf diesem Terrain erwiesen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 1/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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