Eine Annotation von Roland Lampe


Jung, Georg:

Auf Theodor Fontanes Spuren

Eine Bildreise.

Ellert & Richter Verlag, Hamburg 1996, zahlr.41 Abb.

Das Buch ist sicherlich für einen weiten Leserkreis gedacht: für alle, die Fontane gelesen haben, lesen oder lesen wollen, und für alle, die die Mark Brandenburg kennengelernt haben, gerade kennenlernen oder kennenlernen wollen. Es ist ein Buch zum Darinblättern, aber man kann sich auch festlesen.

Wenn im Titel von „Theodor Fontanes Spuren“ die Rede ist, dann bezieht sich das in erster Linie auf die Spuren, die er bei bzw. in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ hinterlassen hat. Dementsprechend ist das Buch auch gegliedert.

Zunächst aber, im ersten Kapitel, lesen wir „Die Geschichte eines Lebens“, also eine kurze Biographie des im vergangenen Jahr so Hochgeehrten. Wir erfahren etwas über sein Elternhaus, lernen die einzelnen Stationen seines beruflichen Werdegangs als Apotheker kennen, bevor er sich endgültig zum Schriftstellerberuf entschließt. Es folgt seine literarische Laufbahn, die von seinen großen Romanen und Novellen gekrönt wird.

Das alles ist, wie auch die nachfolgenden Kapitel, in einem sachlichen, informativen und trotzdem lebendigen Stil geschildert, der die Linie zwischen populärem und wissenschaftlichem Ton findet, so wie man das von guten Reiseführern kennt. Dem Autor geht es um Daten und Stationen, weniger um Hintergründe und Zusammenhänge.

Kapitel Zwei stellt dann so etwas wie eine Werkgeschichte der Wanderungen durch die Mark Brandenburg dar, die von 1861 bis 1888 reicht. Entscheidend für die Absicht, auf die Wanderungen zu gehen, waren übrigens die Eindrücke einer Schottlandreise, die Fontane 1856 mit einem Freund unternommen hatte.

Das dritte Kapitel bezieht sich schließlich, um auf die oben erwähnte Gliederung zurückzukommen, auf den ersten Band der „Wanderungen“, der die Grafschaft Ruppin zum Inhalt hat. Wir erfahren etwas über die Ruppiner Schweiz, über Neuruppin und den Neuruppiner Bilderbogen, über Rheinsberg und Friedrich II., und auch der ohne Fontane nur halbwegs so bekannte See, der Stechlin, bleibt nicht unerwähnt.

Hier wie in den folgenden Kapiteln hält sich der Autor eng an den Gegenstand, indem er viele Stationen der „Wanderungen“ aufsucht, ihre damalige geschichtliche Situation beleuchtet, aber auch ihre spätere Entwicklung und ihre heutige Präsenz. Fleißig wird dazu aus dem Inhalt zitiert, was (hoffentlich) zum Weiterlesen animiert. Bereichert wird das Ganze mit der Beschreibung der Umstände, unter denen Fontane recherchiert und geschrieben hat, und mit Daten, Geschichten und Biographien, die nicht in den „Wanderungen“ stehen, die aber eine wertvolle Bereicherung beim Lesen des Fontaneschen Originaltextes sein können.

Kapitel Vier des Buches mit den Stationen Bad Freienwalde, Buckow und Neuhardenberg u.a. lehnt sich, um zusammenzufassen, an den Band Zwei der „Wanderungen“, Das Oderland, an, Kapitel Fünf mit Ribbeck (natürlich darf hier ein Abschnitt über die berühmte Birnen-Ballade nicht fehlen), Werder, Petzow, Caputh und Lehnin an den Band Drei, Das Havelland, und Kapitel Sechs schließlich mit dem Spreewald, Lübben und Lübbenau an Spreeland. Nur der Fünfte Band der „Wanderungen“, Fünf Schlösser, findet kein Pendant.

Im Untertitel des Buches ist von einer „Bildreise“ die Rede; hiermit sind zum einen die zahlreichen Abbildungen (Porträts, alte Stadtansichten usw.) und aktuellen Fotos gemeint, die den Text illustrieren, und zum anderen die großformatigen, ein- oder zweiseitigen (bunten) Fotos, die sich oft zu sechst oder zu acht an die Kapitel anschließen. Diese wunderschönen Aufnahmen, die natürlich mehr als der Text von der Landschaft, von ihrem Zauber erzählen, sind etwas fürs Auge, auch für das Auge desjenigen, der mit Fontane nichts oder nicht viel im Sinn hat.

Nicht unerwähnt bleiben sollen die Informationen zu „Fontane-Erinnerungsstätten“ und „Museen zur Region“ und die zahlreichen Literaturangaben am Anfang sowie ein Ausschnitt einer „Generalkarte des Preußischen Staates“ am Schluß des Buches, der die Mark Brandenburg in den Grenzen von 1837 zeigt.

Der mögliche Vorteil des Buches, mit dem verbindlichen Stil und der bunten inhaltlichen Mischung ein breites Publikum zu erreichen, könnte aber auch sein Nachteil sein: Niemand fühlt sich so recht angesprochen. Und man erfährt nichts, was nicht auch schon an anderer Stelle gestanden hat.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 1/99(c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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