Eine Rezension von Gret Hofmann


Vom Leben und Treiben in „Literaturschlössern“

Matthias Biskupek: Schloß Zockendorf. Eine Mordsgeschichte.

Gustav Kiepenheuer Verlag. Leipzig 1998, 140 S.

Matthias Biskupek, bekanntlich ein Spötter vor dem Herrn, macht sich in seinem neuen Buch Schloß Zockendorf (Nomen est Omen!) über Leben und Treiben in Künstler- und Literaturschlössern, -dörfern und -häusern lustig, was ihn nicht hindert, am Schluß des Buches in einer Danksagung zu bekennen, diese Künstler- und Literaturschlösser, -dörfer, -häuser Schöppingen, Solitude Stuttgart, Edenkoben, Goetheschloß Großkochberg, natürlich Wiepersdorf und wie sie alle heißen - allesamt in seinem nächsten Leben gern heimsuchen (und „abzocken“) zu wollen. Meist fördert (heimliches) Begehren gründliche Kenntnis und kritische Betrachtung des Objekts der Sehnsucht. Matthias Biskupek ist die parodistische Beschreibung von Insassen und Funktionären vom Künstlerhaus Schloß Zockendorf voll gelungen.

Natürlich wird es von einer nicht mehr ganz jungen adligen Spezialistin für Romantik geleitet, ein Senator im Ruhestand als Aufsichtsratsvorsitzender zieht im Hintergrund, sprich Hamburg, die Fäden. Je nach Laune und finanzieller Großlage gibt es dort viele und weniger Mitarbeiter, deren Funktion jeweils bombastisch betitelt ist: Bis auf die Raumpflegerinnen und Köchinnen laufen dort nur Direktoren rum, und wenn es der für die Fahrradreparaturen ist. Bei der illustren Gesellschaft von „kunstschaffenden“ Stipendiaten ist dies vielleicht zur Hebung des Selbstbewußtseins und der Autorität angebracht. Die Künstler kommen aus Ost und West, also sowohl vom Prenzlauer Berg und aus Bayern, aber auch aus St. Petersburg und den USA, und demgemäß sind auch die verschiedensten Kunstauffassungen vertreten: Installationskunst und klassenkämpferische Arbeiterdichtung, nationale Folklore, Konzeptkunst und und und. Biskupek kennt die jeweiligen Typen jeder Richtung, und er macht sich trefflich über ihre Macken lustig. Zusätzlich hat das Schloß natürlich sowohl eine romantische als auch eine realsozialistische Tradition, und das alles nur wenige Jahre nach der Wende, da plötzlich an Kultur gespart werden muß und keiner weiß, wo es (politisch und künstlerisch) langgehen wird.

Aber das ist noch nicht alles. „Eine Mordsgeschichte“ heißt der Untertitel, und so gibt es nach Willen des Autors bald eine Tote auf dem Schloß, und es bleibt nicht bei dieser einen Leiche. Die Krimihandlung - durchaus schlüssig und in der Manier des Genres verrätselt- paßt sich ganz der gesamten augenzwinkernden Haltung des Buches an, so daß Schloß Zockendorf ein Lesespaß für viele ist - für Freunde des heiteren Krimis und guter Satire und für Leute, die gerne mal die Annehmlichkeiten eines Künstlerhauses genössen, aber nicht spleenig genug sind, um erwählt zu werden. Biskupek tröstet sie alle.


(c) Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

zurück zur vorherigen Seite