Eine Rezension von Helmut Caspar


Währungsgeschichte für zeitgeschichtlich Interessierte und Sammler

Helmut Kahnt/Michael H. Schöne/Karlheinz Walz:

50 Jahre Deutsche Mark - 1948-1998

Die Geschichte der deutschen Nachkriegswährungen in Ost und West.

H. Gietl Verlag, Regenstauf 1998, 286 S.

Der 50. Geburtstag der Deutschen Mark unmittelbar vor ihrer Abschaffung löste im Sommer 1998 verschiedene Aktivitäten aus, so die Herausgabe einer bundesdeutschen Gedenkmünze zu 10 DM, wissenschaftliche Tagungen sowie eine Reihe von Publikationen und Ausstellungen. Das Buch von Kahnt, Schöne und Walz über die Geschichte der beiden Nachkriegswährungen bietet eine Fülle von Informationen über die höchst komplizierte Neuordnung des Geldwesens nach dem Zweiten Weltkrieg hüben und drüben. Doch es schaut nicht nur in die aufregende Zeit vor 50 Jahren zurück, als im Westen mit amerikanischer Unterstützung (Marshallplan) und mit Hilfe einer starken, stabilen Währung die Grundlagen für den Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder gelegt wurden und als im Osten der Aufbau des Sozialismus mit den bekannten verheerenden Folgen verkündet wurde. Der Band klingt aus mit einer Darstellung der Währungsunion von 1990 und dokumentiert in aller Kürze die Einführung des Euro, der die Deutsche Mark zum Auslaufmodell werden läßt.

In dem großzügig gestalteten Buch findet der zeitgeschichtlich interessierte Leser und Sammler all das, was er schon immer über die Umstände wissen wollte, die drei Jahre nach Kriegs ende zur Schaffung der neuen Währung in den drei Westzonen führten, und was dem in der Ostzone beziehungsweise Ostberlin folgte. Hervorzuheben ist neben den zahlreichen Statistiken, Auszügen aus Gesetzestexten und Berichten von Zeitzeugen auch die hervorragende Illustrierung. Längst vergessene Bilder lassen die schwierigen Nachkriegsjahre lebendig werden. In drei Abschnitte - Reform in den Westzonen und die DM-Banknoten 1948 bis heute, 50 Jahre D-Mark in Berlin und Ostdeutschland sowie Kurs- und Gedenkmünzen in Deutschland seit 1948 - gegliedert, will das Buch herkömmlichen Geldschein- und Münzkatalogen keine Konkurrenz machen. Vielmehr liefert es in fundierter Form und allgemein verständlich wichtige Hintergrundinformationen für Emissionen, von denen heute nicht wenige begehrte Sammelobjekte sind.

Nach der Schilderung der bedrückenden politischen und wirtschaftlichen Ausgangslage unmittelbar nach Kriegsende im besetzten Deutschland geht Karlheinz Walz auf die Pläne der Alliierten zur politischen und wirtschaftlichen Reorganisation Deutschlands und auf Vorstellungen für eine Währungsreform unter westalliierter, das heißt amerikanischer Regie ein, wobei von den zahlreichen Denkschriften das Mindener Gutachten, der Homburger Plan und der Colm-Dodge-Goldsmith-Plan sowie die Ergebnisse des legendären Konklaves von Rothwesten besonders hervorgehoben werden. Ältere Leser werden sich daran erinnern, wie dringend nötig der Abbau der riesigen Bargeldbestände und die Schaffung einer neuen Währung empfunden und wie das organisiert wurde.

Unter den vielen Persönlichkeiten, die an dem unter hohem Zeitdruck verwirklichten Werk beteiligt waren, hebt Walz den jungen amerikanischen Offizier Edward A. Tenenbaum als eigentlichen Vater der D-Mark hervor. Niemand in Deutschland habe sich später seiner erinnert, stellt der Verfasser bedauernd fest, nicht einmal für einen Orden habe es gereicht. Der Autor geht ausführlich auf den „Tag X“, den 20. Juni 1948, ein, an dem das „Kopfgeld“ von 40 DM unter Vorlage der Lebensmittelkarten gegen Reichsmark ausgegeben wurde. Der Beitrag schildert, was aus Altgeldguthaben und Schulden wurde und wie sich die Währungsreform belebend auf Handel und Wirtschaft auswirkte. Er enthält ferner Angaben über die erst in den USA, dann in der Bundesrepublik gedruckten Banknoten, wobei der Leser Informationen über Gestalt und Gestalter der Scheine, das Papier, Druckfarben und viele andere Details erhält und auch erfährt, wie sich die Deutsche Bundesbank auf die Herausforderungen moderner Kopiertechniken durch neue Designs und immer raffinierter werdende Vorkehrungen gegen Banknotenfälscherei bis auf den heutigen Tag einstellt.

Wie die sowjetische Besatzungsmacht und die ihr unterstellten deutschen Behörden in Ostberlin und der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) auf die für sie ganz überraschend durchgeführte Währungsreform im Westen reagierten und welche Geldscheine bis zum Ende der DDR 1990 emittiert wurden, ist Thema des Beitrags von Michael H. Schöne. Er ruft in Erinnerung, daß das neue „Westgeld“ in der SBZ einschließlich Groß-Berlin (also auch in den drei Westsektoren) sofort verboten wurde. Die sowjetische Besatzungsmacht wollte dadurch unterstreichen, daß sie die Viersektorenstadt als zu ihrem Einflußbereich gehörig betrachtet, was die Westalliierten nicht hinnehmen wollten. Als die Westmark gegen sowjetischen Wunsch in den Westsektoren eingeführt wurde, wußte sich Stalin nur durch Repressalien in Gestalt der Blockade der Stadt zu helfen, die jedoch dank der Luftbrücke ins Leere lief. Schöne schildert die dramatischen Tage in Form einer Chronik. Daß die Behörden im Osten auf neue Banknoten nicht gefaßt waren, zeigt die behelfsmäßige Verwendung von Kupons, die auf die im kommunistischen Machtbereich umlaufenden Geldscheine geklebt wurden. Auch in diesem Abschnitt finden sich Hinweise für Sammler bezüglich der B-Kennzeichnung für die in Westberlin herausgegebenen Scheine. Da im sowjetischen Besatzungsgebiet die Kuponmark nicht ewig benutzt werden konnte, wurde eilig neues Geld der Deutschen Notenbank gedruckt. Schöne beschreibt die Noten und erinnert daran, daß es 1957 in der nunmehrigen DDR einen überraschenden Geldumtausch gegeben hat, durch den nicht nur „Schieber, Spekulanten und Kriegstreiber“ getroffen werden sollten, sondern auch Geldabschöpfung stattfand. Denn viele DDR-Bürger tauschten aus Angst vor Verfolgung bei der „Aktion Blitz“ ihre Bargeldbeträge nicht vollständig um. Der Beitrag klingt mit Darlegungen über die neuen DDR-Banknoten aus, die von 1964 bis zum Geldumtausch von 1990 umliefen beziehungsweise deren Ausgabe nicht mehr zustande kam. Hier informiert Schöne auch über das erst nach dem Ende der DDR bekannt gewordene Militärgeld (für den Fall einer Okkupation der Bundesrepublik durch die DDR) und andere Scheine wie die bei den DDR-Bewohnern so begehrten Forumschecks. Was sich bei dem Geldumtausch im Sommer 1990 abspielte, ist Gegenstand des letzten Kapitels dieses zweiten Teils.

Nach den Darlegungen über Banknoten in West und Ost folgen im dritten und letzten Teil die Münzen beider deutscher Staaten. Helmut Kahnt befaßt sich ausführlich mit der Knappheit an Hartgeld zum Zeitpunkt der Währungsreform von 1948. Die Prägung von Ein-, Fünf- und Zehnpfennigstücken mit dem Reichsadler ohne Hakenkreuz und der Umschrift „Deutsches Reich“ (das ja nicht mehr bestand) konnte offenbar diesen Mangel nicht wettmachen. Obwohl die Prägezahlen nicht gering waren, sind diese frühesten Münzen heute selten. Untersuchungen von Elke Bannicke (Münzkabinett Berlin) sind Erkenntnisse über die Herkunft der Rückseite der frühesten ostdeutschen Aluminiummünzen zu verdanken, die in Berlin und Muldenhütten geprägt wurden. Denn das Motiv der Ähre auf dem Zahnrad wurde bereits 1943 von dem Berliner Stempelschneider Franz Krischker vermutlich für Besatzungsmünzen der Nazis gestaltet. Mitgeteilt wird auch, daß die DDR-Staatsbank Unmengen eben erst geprägter Gedenkmünzen aus Silber wieder einschmelzen ließ, um neue Stücke herstellen zu können. Auch die Machenschaften an der Münze zu Karlsruhe werden rekapituliert, wo mit originalen Stempeln bundesdeutsche Münzraritäten nachgeprägt wurden, die noch heute für Verunsicherung sorgen. Fortgelassen wurde das Procedere der Auswahl von Themen und Entwürfen der Gedenkmünzen. Auf diesem Gebiet bleibt noch vieles zu erkunden und darzustellen.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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