Eine Rezension von Wolfgang Buth


Zauber einer Landschaft

Christfried Preußler: Rebland am Blauen Wege im nördlichen Markgräflerland.
Mit einem Geleitwort von Alfred Schönbucher.

Schillinger Verlag, Freiburg im Breisgau 1998, 95 S.

 

Kennen Sie das Markgräflerland? Nein? Ach, Sie wissen gar nicht, wo es liegt? Im äußersten Südwesten Deutschlands, wo Deutschland, Frankreich und die Schweiz zusammentreffen und wo es auf der Wetterkarte immer am wärmsten ist - dort liegt das ehemalige Land der Markgrafen, das Markgräflerland.

„Rebland am Blauen ist ein Bildband über eine der schönsten deutschen Landschaften: das Markgräflerland. Der Autor ist im Markgräflerland aufgewachsen und seit einigen Jahren am Bodensee als niedergelassener Arzt tätig. Er stellte sich eine besondere Aufgabe: Er wollte sich über die so unterschiedlichen Ausdrucksmittel der Fotografie und der Sprache dem annähern, was Wesen und Schönheit dieser alten Kulturlandschaft ausmachen.“ Das verspricht der Werbetext des Schillinger Verlages Freiburg im Breisgau, der nach der 1.Auflage 1990 (3000 Exemplare) 1998 die 2. Auflage (2000 Exemplare) dieses Text-Bild-Bandes herausbrachte, was bei der Flut von Buchveröffentlichungen über den südlichen Schwarzwald und sein Vorland allein schon beachtlich ist.

Im Vorwort nennt Christfried Preußler das Ziel seines Buches - „das Wesenhafte darzustellen, das in Jahrhunderten Gewachsene und Gewordene, das Besondere und Einzigartige jenseits tagesaktueller Veränderungen“. Es besteht die Gefahr, diese Kulturlandschaft zu zerstören, weil wir uns von unseren natürlichen Lebensgrundlagen immer mehr entfernen bzw. diese zerstören. Ganz klar formuliert der Autor die Zuspitzung und Polarisierung: „Auf der einen Seite erleben wir eine gesteigerte Sensibilität für die Schutzbedürftigkeit von Ökosystemen, eine immer größere Sehnsucht nach dem Erleben intakter Natur und gewachsener Kultur sowie ein starkes Bedürfnis nach einem menschlichen Miteinander.“ Andererseits ist ein Prozeß im Gang, der uns von allem trennt, was bisher unser Leben ausmachte; als Beispiele führt der Autor u. a. die Abkoppelung von der bäuerlichen Lebensmittelerzeugung durch eine gentechnische, großindustrielle Nahrungsproduktion an. Dagegen setzt er Konzepte der ganzheitlichen Permakultur und des Bioregionalismus.

Am Beginn unserer Reise steht die „Begegnung mit der Landschaft“ - so, wie sie auf den Menschen wirkt. Das nördliche Markgräflerland ist äußerst vielgestaltig - es umfaßt die Ebene des Oberrheingrabens, die sogenannte Vorbergszone und den Schwarzwald. „Meist kleinparzellierte Äcker, Wiesen und Rebflächen werden reich gegliedert durch oft noch ungeteerte Wege, Raine mit üppigem Gebüsch, alte hochstämmige Obst- und Walnußbäume...“ Wir treffen Bachläufe mit Weiden, Pappeln und Erlen, kleine Wälder und dazwischen - meist eingefügt in ein Tal oder in eine Mulde - die Dörfer und Städte. Aber das wird nicht seitenweise trocken beschrieben, sondern durch aussagekräftige, stimmungsvolle Bilder wird der Zauber einer Landschaft eingefangen. Die Fotos der verschiedenen Landschaftsteile zu verschiedenen Jahres- und auch Tageszeiten - in zehn Jahren entstanden - vermitteln eine erwartungsfrohe Stimmung, die angetan ist, sich mit den weiteren Abschnitten des Buches zu befassen. Die kurzen Texte informieren den Besucher über das Wesentliche und bieten auch dem Einheimischen Wissenswertes und Interessantes.

Besonders gefallen haben mir die Abschnitte „Vom Weinbau“, „Vom Brauchtum“ sowie „Mundart und Dichtung“/„Gedichtauswahl“. Das Landschaftsbild der hügeligen Vorbergszone ist vom Weinbau geprägt; er ist wichtigster Erwerbszweig der Landwirtschaft. Der Autor gibt einen kurzen historischen Exkurs, wie der Gutedel vom Markgrafen Karl Friedrich vom Genfer See ins Markgräflerland gebracht wurde und daß nun der Müller-Thurgau an zweiter Stelle steht. Interessant für den Wein-Laien ist vor allem der Gang durch das Arbeitsjahr eines Weinbauern; man erkennt, wieviel Mühe und Schweiß es kostet, ehe man in einer der gemütlichen Weinstuben ein „Viertele“ genießen kann. So steht vor dem Genuß die schwere Arbeit, die Weinlese („Herbste“), ab und zu von einem „Schmützli“ vom „Herbstermaidli“ unterbrochen. Alles klar?

Der Abschnitt „Mundart und Dichtung“ führt den Leser in die Mundart des Markgräflerlands - das Alemannische - ein. Der Autor stellt wichtige Heimatdichter mit ihren Versen vor. Ich habe gestaunt, wie man sich in das Alemannische „hineinhören“ kann.

Im Abschnitt „Vom Brauchtum“ werden die Sitten und Gebräuche um die „Brauchtumsinsel Müllheim“ - speziell um St. Ilgen und Laufen, wo der Autor seine Kindheit verbrachte- in Wort und Bild beschrieben.

Dem Autor und dem Schillinger Verlag Freiburg im Breisgau - Herausgeber von Landschaftsbildbänden, Büchern über Natur und Umwelt, Regional-Literatur und Sonderedi- tionen mit anspruchsvollen Fotos - wünsche ich eine 3. Auflage und habe dabei zwei Wünsche/Vorschläge: Zum einen sollte eine farbige Panorama-Übersichtskarte, evtl. zum Herausklappen, eingefügt werden, so daß man die im Text und in den Bildunterschriften genannten Dörfer, Städte, Flüsse und Berge des Markgräflerlandes besser zuordnen kann. Zum anderen sollten für die des Alemannischen unkundigen „Nordländer“ die allerschwierigsten alemannischen Ausdrücke durch Fußnoten oder in Klammern erklärt werden - oder kennen Sie eine „Feuerstelle für den Bammert“ oder „Holz am Döldele“?

Und den Lesern wünsche ich eine gute Reise. Wohin? Natürlich ins Markgräflerland!


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

zurück zur vorherigen Seite