Eine Rezension von Gudrun Schmitt


Verhängnisvolle Geburtstagsfete

Klaus Möckel: Steffis Party

ELEFANTEN PRESS, Berlin 1997, 126 S.

 

„Nichts war mehr geblieben, was Spaß machte.“ Alles ist anders geworden in Steffis Leben. Sie ist gerade mal zwölf, ein lebhaftes, zierliches Mädchen, das von ihren Freunden „Floh“ genannt wird. Zu Hause gibt’s dauernd Zoff, seitdem der Vater arbeitslos wurde und außerdem noch zu einer anderen Frau gezogen ist. Die Mutter, allein mit Steffi und der zweijährigen Yvonne, ist überlastet und reagiert oft gereizt. Was bleibt, ist rumhängen vor der Glotze. Zum Lernen fehlt auch die rechte Lust, die neue Klassenlehrerin ist nicht ihr Fall, und wozu überhaupt sich anstrengen? Von älteren Schülern weiß sie, daß sie trotz guter Zensuren bei einer Lehrstelle leer ausgegangen sind. Einziger Lichtpunkt ist da die Clique. Die Freunde sind zwar etwas älter, aber sie haben ähnliche Erfahrungen, und sie akzeptieren Steffi. In diesem Trott wäre es sicher noch eine Weile weitergegangen, wenn da nicht diese blöde Party, die Steffi anstiftete, so schief gelaufen wäre. Dabei wollten sie nur ein bißchen Spaß haben. Spaß allerdings auf Kosten anderer. Daß es ausgerechnet Britta, eine Mitschülerin, traf, störte dabei wenig. Die Klassenbeste konnte getrost mal einen Denkzettel vertragen. Gewaltsam verschafft sich die Clique Zutritt zum Gartenhaus von Brittas Eltern, haust wie die Vandalen, und wie sich später herausstellt, bedient sich einer von ihnen auch am fremden Eigentum. Das war nicht abgemacht. Zu allem Ungemach hat Steffi ihren Taschenspiegel liegengelassen, ausgerechnet Britta findet ihn.

Nichts ist nach dieser Party mehr so wie zuvor. Auf einmal zeigt sich, wie brüchig die „verschworene Gemeinschaft“ ist und wie unterschiedlich die Vorstellungen und Erwartungen der einzelnen an Freundschaft sind. Alles dreht sich um die Frage: Wird Britta schweigen oder wie kann sie zum Schweigen gebracht werden? Das Geschehen nimmt eine bedrohliche Wendung. Vor allem Steffi gerät zunehmend in Konflikt mit der Clique, doch den Mut zur Wahrheit oder zum Aussteigen hat sie nicht.

Klaus Möckel gelingt es in diesem Buch - es ist für Kinder ab 11 Jahre -, ein realistisches Bild vom Lebensalltag der Großstadtkinder zu geben. Nachvollziehbar und glaubwürdig die Suche nach Orientierung, eine schwierige Phase, in der oftmals die Weichen für den weiteren Weg gestellt werden. Fast täglich ist in den Zeitungen von wachsender Gewalt auf Schulhöfen zu lesen, die Statistik meldet einen besorgniserregenden Anstieg der Straftaten von Kindern und Jugendlichen, die Hemmschwelle, Probleme mit der Faust zu lösen, liegt niedrig. Klaus Möckel deutet an, wie schmal der Grat ist, daß aus „blödem Jux“, Angeberei oder Mutprobe „kriminelle Karrieren“ entstehen können. Dabei gerät die Spannung in dem Buch nie zum Selbstzweck. Steffi, der Häuptling Olaf, dem alle zunächst blindlings folgen, Bär, Füller oder der angeberische Ronni müssen allein herausfinden, was Recht und Unrecht ist, und sich entscheiden. Die Erwachsenen bleiben in der Handlung weitgehend außen vor. Doch eine einseitige Schuldzuweisung wird vermieden. „Die Mutter hat’s wirklich nicht leicht“, weiß Steffi, aber es schmerzt sie auch, daß andererseits „die Großen alles bloß von ihrer Warte aus“ sehen und „sich überhaupt nicht in die Probleme ihrer Kinder hineinversetzen“ können.

Freundschaft, Vertrauen - am Schluß deuten sich neue Hoffnungen an. Vielleicht werden Steffi und Britta doch noch Freunde.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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