Eine Annotation von Karl-Heinz Arnold


Aechtner, Uli:

Talk Show Down

Rotbuch Verlag, Hamburg 1998, 143 S.

 

Einen Roman sollte man das schmalbrüstige Bändchen eher nicht nennen, dafür gibt es zu viele angedeutete Pinselstriche, ungeordnete Bilder, für die ein Zusammenhang gesucht werden muß, man kann auch an das Zusammenknüpfen loser Fäden denken. Zu erkennen ist ein roter Faden allenfalls in der Abfolge munterer Szenchen, die einen Blick in den Alltag eines der kleinen Medienunternehmen bieten, derer sich die Fernsehsender, öffentliche und private, zwecks Kostenersparnis bedienen. Zuträger für den Bildschirm, der nicht die Welt bedeutet.

Hauptpersönchen ist Gerit Peters, die ausschwärmen muß, um Stoff für ein paar Sendeminuten zu apportieren. Sie wird zu Dachstuhlbrand und Leichenfund, einsamen Alten und belastetem Grundwasser geschickt. Einstweilen noch mit Kameramann. Die Zukunft ist zu ahnen: Kameramann wird eingespart, Reporterin handhabt Kamera selbst. Und die apportierte Story muß Quote bringen. Nur die Einschaltquote zählt, wie dubios die auch immer festgestellt oder über den Daumen gepeilt oder nach Gusto festgelegt wird. Diese agile Gerit Peters also gerät an eine alte Dame, Frau von niederem Adel, die auf offenbar unnatürliche Weise zu Tode gekommen ist, nachdem sie ein paar Millionen Mark aus dem Verkauf ihrer Villa teils verborgt, teils im Casino verspielt hat.

Damit, aber nur damit ist der Taschenbuch-Adelstitel Krimi gerechtfertigt: Die Geschichte der zu Tode gekommenen alten Dame hätte zu einem veritablen Kriminalroman werden können, wenn sie ausgeführt, angereichert, mit Spannung versehen worden wäre. Sie wird jedoch nur angedeutet und von den vielen Szenchen überlagert, die das turbulente Treiben der kleinen Quotenjäger beiderlei Geschlechts pinselstrichartig schildern. Man darf annehmen, daß der Tod der alten Dame nur eine Art Vehikel sein soll, mit dem die Medien- und Quotenmacher als die eigentlich wichtigen Personen vorgeführt werden sollen. Dabei hat sich die Autorin, selbst TV-Journalistin, mehr Frust als Lust von der Seele geschrieben. So gesehen wird auf knappem Raum zu viel belanglose Action und zu wenig Inhalt geboten. Was bei etwas gutem Willen mit der Autorin versöhnt: Flott schreiben kann sie. Aber Munterkeit allein tut’s nicht immer.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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