Eine Rezension von Thomas Przybilka

Kaffeehaus und Mordkontor

Petra Oelker: Tod am Zollhaus

Ein historischer Kriminalroman.

Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1997, 250 S.

 

Der seit einiger Zeit entdeckte Kaffee wird mit Kardamom oder Nelken in den neuentstandenen Kaffeehäusern serviert. Die Welt ist etwas größer geworden, aber immer noch überschaubar. Jedenfalls für die Hamburger Kaufleute und Schiffseigner. Es ist die Blütezeit von Handel und Kultur nach dem Siebenjährigen Krieg. Zwischen den Handelskontoren und den Kaffeehäusern entstehen Opernhäuser und Theaterbühnen. Dennoch verdienen auch ehrbare Kaufleute noch immer durch Schmuggel und Zusammenarbeit mit Piraten und Kaperkapitänen.

Und hier im Hamburg des Jahres 1765 wird in einer dunklen Regennacht die Leiche von Johann Behrmann, Schreiber des Großkaufmanns und Reeders Claes Herrmanns, entdeckt. Für Stadtwache und Gericht ist der Fall klar und der Mörder schnell dingfest gemacht: Jean Becker, Chef oder Prinzipal einer soeben eingetroffenen Gruppe von reisenden Komödianten. Jean Becker hatte das Pech, volltrunken seinen Rausch neben dem erstochenen Behrmann auszuschlafen. Es bleibt aber nicht bei diesem einen Mord - auch die folgenden Anschläge zielen ganz offensichtlich auf Kaufmann Herrmanns und sein weltweit operierendes Handelsunternehmen. Da bekommt auch der Unfall auf der Kanalinsel Jersey, wo er fast von einem Faß erschlagen wurde, schnell die Konturen eines Attentats. Irgendwer will ihm mit aller Macht das Leben schwermachen. Nur eine glaubt nicht an Zufälle und an die Schuld ihres Chefs: Rosinante, das Herz der Theatergruppe, ist eben- so schön wie pfiffig und lebensklug. Sie macht sich auf, unterstützt vom Rest des Wandertheaters, den Mörder zwischen Hafen, Theater und hanseatischen Kaufmannsvillen zu stellen.

Petra Oelker, freie Journalistin, gelingt mit ihrem ersten historischen Kriminalroman Tod am Zollhaus eine spannend erzählte und gut recherchierte Geschichte. Ein gut gemachter Roman, ganz in der Tradition des Rätselkrimis. Das Lebensbild der Bewohner Hamburgs wird dem Leser ebenso nah wie schnörkellos deftig dargeboten. Gags sind die Kurzauftritte berühmter Zeitgenossen, wie zum Beispiel des Komponisten Georg Philipp Telemann, des Baumeisters Ernst Georg Sonnin und des jungen Wunderkindes Wolfgang Amadeus Mozart.

Als Ergänzung ist ein ausführliches Glossar zur Vertiefung bestimmter Sachverhalte und Begriffe angefügt. Einem allgemeinen Trend folgend, beginnt der Rowohlt Taschenbuch Verlag mit Tod am Zollhaus eine Serie historischer Kriminalromane.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

zurück zur vorherigen Seite