Eine Belletristik-Annotation von Thomas Przybilka

Haefs, Gisbert Das Kichern des Generals

Haffmans Verlag, Zürich 1996, 237 S.

Gisbert Haefs (sprich Haafs) gehört zweifelsohne zur Creme der deutschen Kriminalschriftsteller. Kriminalromane oder Thriller von Haefs sind Garant für erstklassige Unterhaltung, spannende Geschichte und geistreichen wie aberwitzigen Plot. Sein neuester Roman, dieses Mal ein Politthriller, bietet wieder einmal alles, was einen wirklich guten Krimi ausmacht: komplexer Handlungsablauf, komplizierte Intrigen, Bösartigkeiten und Zynismen und erstklassige Schreibe.

Der alte General sitzt an der Küste Brasiliens im Exil, nachdem er Paraguay über 30 Jahre lang wie seinen Privatbesitz regiert und verwaltet hatte. Aber so alt, wie viele es gerne hätten, ist der General (noch) nicht. Noch einmal möchte er an den Strängen der Macht ziehen und dabei sein schäbiges Kichern hören lassen. Wie früher soll jeder und alles nach seiner Pfeife tanzen, wie früher soll sein intrigantes Spiel jeden gegen jeden antreten lassen: den israelischen Mossad, die CIA und die DEA, die Hizbollah nach ihrem blutigen Anschlag auf das jüdische Zentrum von Buenos Aires, das Cali-Kartell und natürlich die staatlichen wie militärischen Geheimdienste der Nachbarstaaten. Wenn nämlich der General kichert, dann „rutschen im ganzen Land die Bestatter von ihren Frauen und zimmern hektisch Särge bis zum dritten Hahnenschrei“. Haefs liefert einen Politthriller aus dem Südamerika der Gegenwart: rücksichtslos, gnadenlos, amoralisch und verlogen wie die Politik selbst.

Plot und Geschichte entwickelte Haefs auf einem Spaziergang mit seinem New Yorker Kollegen Thomas Adcock während einer Lesereise durch Südamerika. Recherchiert hat er in Ciudad del Este, einer Grenzstadt Paraguays zu Argentinien und Brasilien, die durch Rauschgiftschmuggel fast dreimal soviel umsetzt, wie der ganze Staat Paraguay produziert (Bruttoinlandsprodukt Paraguays: 5 Milliarden US-Dollar)! Diese Stadt, von Haefs als ein „Becken voller Haie“ beschrieben, ist Angelpunkt dieses realistischen Politthrillers. Haefs illustriert gekonnt und punktgenau das Bild dieser wilden Grenzstadt und ihrer Bewohner bzw. der Protagonisten seines Thrillers. Von einem einheimischen Taxifahrer wurde Ciudad del Este kurz und prägnant so beschrieben: „Wenn Südamerika der Arsch der Welt ist und Paraguay das Loch, dann ist Ciudad del Este die fieseste Hämorrhoide.“


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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