Eine Belletristik-Annotation von Berd Sander

Koontz, Dean: Nackte Angst

Wilhelm Heyne Verlag, München 1996, 251 S.

Die Bevölkerung von New York ist von Todesangst erfaßt. Jeden Tag gibt es neue Meldungen über einen oder mehrere Morde. Ein eiskalter Serienmörder tötet auf bestialische Weise junge, schöne Frauen, die er vorher in einigen Fällen vergewaltigt hatte und deren Leichen er dann grausam verstümmelte. In den Medien wird der Killer als der „Schlächter“ bezeichnet. Die Polizei hat kaum Anhaltspunkte, wer der Mörder sein könnte. Fest steht lediglich, daß es sich um einen großen muskulösen Mann handelt, der überdies gut aussehen muß, denn es fällt ihm leicht, Frauenbekanntschaften zu machen. Außerdem scheint er sich in polizeilichen Ermittlungen sehr gut auszukennen, denn er verwischt alle Spuren und ist der Polizei stets einige Schritte voraus.

Ein Serienmörder ist für die Polizei in der Regel schwer zu finden. Im Gegensatz zu anderen Mördern, deren Opfer fast immer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis kommen, mordet der Serienkiller scheinbar wahllos.

Der Gegenspieler des Serienmörders in dem Roman ist Graham Harris, der über hellseherische Fähigkeiten verfügt. Nachdem neun junge Frauen ermordet wurden, hat Harris in einer Talkshow eine Vision: Vor dem „Schlächter“ steht hilflos eine junge Frau mit grünen Augen, die er ersticht. „Jetzt schießt Blut aus dem Hals, und ihr Schrei bleibt stumm, er zieht die Klinge heraus, hebt sie hoch in die Luft und stößt erneut zu. Mit aller Kraft bohrt er das Messer zwischen ihre nackten Brüste, und dabei grinst er weder, noch blickt er grimmig, und er lacht auch nicht wie ein Irrer, sondern tötet auf nahezu handwerkliche Art ...“ Harris sagt, ihr Name sei Edna.

Am nächsten Tag wird Edna ermordet und schauderhaft zugerichtet aufgefunden. Die polizeilichen Ermittlungen laufen (ohne Ergebnis) auf Hochtouren, aber der „Schlächter“ mordet weiter.

Bald gibt es einen winzigen Hinweis. Bei den ersten Opfern standen überall Essensreste herum. Der „Schlächter“ hatte also nach der Tat genüßlich gegessen, ohne die blutbefleckten Handschuhe auszuziehen. In anderen Fällen stand das Geschirr säuberlich aufgereiht, ohne daß davon gegessen wurde. Gibt es also einen Nachahmungstäter, oder gar „Schlächter“ Nr. 2?

Der Schlächter bezeichnet sich als Übermensch und alle anderen Menschen als Tiere, als Läuse, als Abschaum, den man vernichten muß.

Es gibt nur eine Person, die diesen Psychopathen aufhalten kann: Harris. Aber der wird mittlerweile erbarmungslos von dem „Schlächter“ gejagt und gerät dabei mehrmals in tödliche Gefahren.

Nackte Angst ist ein äußerst interessanter Kriminalroman, dessen Spannung systematisch aufgebaut und bis zur letzten Seite durchgehalten wird. Leider erfährt der Leser sehr zeitig, wer der Serienkiller ist, aber der Roman lebt gerade im zweiten Teil von der erbarmungslosen Verfolgungsjagd von Harries, und das ist zweifellos der aufregendste Abschnitt.

Dean Koontz, 1946 in Bedford (Pennsylvania) geboren, hat über 50 Bücher geschrieben, die in 33 Sprachen übersetzt und in einer Weltauflage von über 100 Millionen Exemplaren verkauft wurden.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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