Eine Sachbuch-Annotation von Bernd Heimberger

Förster, Andreas: Maulwürfe in Nadelstreifen

Henschel Verlag, Berlin 1997, 207 S.

Man kann es drehen und wenden, wie man will, ein gewendeter Mantel bleibt ein gewendeter Mantel. Der Titel Maulwürfe in Nadelstreifen ist so neu wie ein gewendeter Mantel. Wieder ist der Stoff die Wirtschaft. Mancher Leser wird sich nun fragen: Kenne ich das nicht schon? Nein. Andreas Försters Maulwürfe in Nadelstreifen ist eine Neuheit! Obwohl das Thema Wirtschaftsspionage nicht gerade neu ist.

Um das lukrative politische Ost-West-Geschäft gebracht, begannen für die Geheimdienste nach Neunundachtzig die Glanzzeiten auf dem Sektor Wirtschaftsspionage. Davon wird nicht nur in fürchterlichen Fernsehspielen gemunkelt. Darüber dürfen in dokumentarischen Bildschirmberichten auch vielgefragte „Experten“ munkeln. Ohne als Experte aufzutrumpfen, ist Andreas Förster, Journalist der „Berliner Zeitung“, mit den Jahren zumindest zu einem Kenner der Szenerie geworden, der sich nicht von nachrichtendienstlichen Dossiers in die Irre führen läßt. über Scheindebatten zum kleinen oder großen Lauschangriff, mit denen der Medienmarkt immer wieder versorgt wird, kann der Autor nur müde lächeln. Aushören durch Abhören ist keine Kür, sondern Pflicht in der Welt der Wirtschaftsspionage und flächendeckend gesichert. Gewinner in der wiedervereinigten, globalen Geldgesellschaft ist nicht der gerissenste, sondern der schnellste Betrüger. Förster zitiert einen Washingtoner Staatsanwalt und Sicherheitsexperten mit den Worten: „Kleine Firmen bestehlen große Firmen. Große Firmen bestehlen kleine Firmen. Jeder bestiehlt jeden.“ Eine simple Wahrheit! Alle Spatzen pfeifen sie von allen Dächern. Doch wer hört sie? Wer hört auf sie? Försters Buch ist ein Buch der Belege vom großen Bestehlen. Fall für Fall wird vom geradezu vergeblichen Bemühen berichtet, Waffenstillstand auf den Schlachtfeldern des Dritten Weltkriegs herbeizuführen, den die Wirtschaftsspione anzetteln. Daß Försters Zeilen nicht die eines Zynikers sind, daß er sich nicht als Fatalist äußert, hat mit der aufrechterhaltenen Hoffnung zu tun, daß die Demokratisierung der Welt auch die Geheimdienste demokratisiert. Das wäre eine Voraussetzung, daß Demokratie tatsächlich wird. Ihre tägliche Beschwörung macht sie nicht wahrhaftiger. Andreas Försters Buch ersetzt den Glauben an Demokratie durch das Wissen, wie möglicherweise wirklich Demokratie zu machen wäre. Wohin dann mit den Maulwürfen? In die Produktion!


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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