Eine Rezension von Ulrich van der Heyden

 

Drei akademische Zeitschriften aus dem Osten Deutschlands

Hochschule Ost. Politisch-akademisches Journal aus Ostdeutschland.

6. Jg., 3./4. Quartal 1997, Leipzig, 320 S.

WeltTrends. Internationale Politik und vergleichende Studien, Nr. 14, Frühjahr 1997: Afrika jenseits des Staates.

Potsdam/Berlin, 208 S.

Berliner Debatte INITIAL. Zeitschrift für sozialwissenschaftlichen Diskurs.

8. Jg., Nr. 1-2, 1997, Berlin, 257 S.

Auf dem ostdeutschen Büchermarkt haben sich nach der Wende drei neugegründete Fachjournale aus dem politischen Bereich gehalten, die in der Zwischenzeit mehr als nur als Achtungserfolge zu bezeichnen sind. Es handelt sich um die bereits im sechsten Jahrgang vorliegende Zeitschrift Hochschule Ost. Politisch-akademisches Journal aus Ostdeutschland und um WeltTrends. Internationale Politik und vergleichende Studien und um die Berliner Debatte INITIAL. Zeitschrift für sozialwissenschaftlichen Diskurs. Jeweils ein Band der genannten Zeitschriften sei kurz vorgestellt.

Die Hochschule Ost beschäftigt sich, wie der Name schon aussagt, mit der Entwicklung an den Hochschulen und Universitäten in den neuen Bundesländern und in Berlin. Es werden nicht nur Meinungen und Untersuchungsergebnisse vorgelegt, sondern auch häufig konträr diskutiert. Buchvorstellungen, Bibliographien und Dokumentationen lassen den Wandel an den ostdeutschen Universitäten und Hochschulen deutlich werden. Im Mittelpunkt des vorzustellenden Bandes steht der ostdeutsche wissenschaftliche Zeitschriftenmarkt auf dem Gebiet der früher sogenannten Gesellschaftswissenschaften. Behandelt wird u. a. der „Transformationsprozeß“ und der heutige Stand solcher Journale wie „Deutsche Zeitschrift für Philosophie“, „Das Hochschulwesen“, „Berliner Journal für Soziologie“, „Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung“ oder „Asien-Afrika-Lateinamerika“. Auch Neugründungen aus der Nachwendezeit, wie „UTOPIE kreativ“, Berliner Debatte INITIAL oder WeltTrends werden vorgestellt, ergänzt durch Überblicksartikel zu Themen wie „Historische Zeitschriften in Ostdeutschland“ (M. Middell) oder die auf naturwissenschaftlichen Journalen fokussierte „Rezeption ostdeutscher Zeitschriften durch die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft“ (H.-J. Czerwan). Sodann beschäftigen sich vier Beiträge mit Bibliothekaren und Bibliotheken im Osten Deutschlands. Es folgen weitere Artikel, die sich u. a. mit der „Affäre Heinrich Fink“ beschäftigen oder zur „Stellung der DDR-Hochschullehrer nach Abschluß der Hochschulerneuerung“ äußern. Weitere lesenswerte, weil vor allem um eine objektive Sichtweise bemühte Beiträge belegen den hohen Grad an Diskussionswunsch und -bereitschaft darüber, was an den akademischen DDR-Einrichtungen gewesen war und was heute dort geschieht.

Die Zeitschrift WeltTrends ist ein deutsch-polnisches Unternehmen. Die einzelnen Hefte sind thematisch orientiert. Die vorliegende 14. Nummer hat die aktuelle Entwicklung in Afrika zum Thema. Die meisten Beiträge setzen sich mit dem Verfall von Staatlichkeit in afrikanischen Ländern wie Kenia, Sierra Leone, Somalia, Senegal und Gambia auseinander. Fünf Aufsätze nehmen soziologische Analysen, historische Querschnittsvergleiche sowie eine detaillierte Untersuchung ökonomischer Makroprozesse vor. Trotz unterschiedlichen methodischen Herangehens kommen die Autoren zum Ergebnis, daß das durch den Kolonialismus nach Afrika transferierte Konzept der Nationalstaatlichkeit in den ehemaligen Kolonien implodiert und somit weitgehend gescheitert ist.

Aber auch andere Themen, wie das Verhältnis der Ostdeutschen zu den Polen (E. Crome/J. Franzke) oder das auswärtige Handeln des Baskenlandes (J. L. Ruano de Castro) oder der Zustand Rußlands Ende der neunziger Jahre (J. Franzke) werden in dem Heft behandelt. Rezensionen und Neuerscheinungen sowie Informationen über Konferenzen runden das Bild einer um Aktualität bemühten politikwissenschaftlichen Zeitschrift ab.

Auch die Zeitschrift Berliner Debatte INITIAL bemüht sich um Schwerpunktsetzungen in den einzelnen Ausgaben. In dem vorzustellenden Exemplar sind gleich zwei Thematiken gewählt worden. Fünf Beiträge gruppieren sich um Marx-Deutungen und vier um Positionen evolutorischer Ökonomie. Aus der subjektiven Sicht des Rezensenten sind die Arbeiten „Die kunsthistorische Metaphorik der politischen Ökonomie“ (H. Bredekamp) sowie „Wirtschaftsentwicklung und Marxsche Formationstheorie“ (P. Ruben) besonders hervorzuheben.

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegenden Heftes ist die Dokumentation der WIP-Tagung vom 18. 10. 1996. In sechs Beiträgen setzen sich vornehmlich Betroffene mit dem Scheitern des Wissenschaftler-Integrations-Programms auseinander. Dieses war im Gefolge der deutschen Vereinigung aufgelegt worden, um Wissenschaftlern aus der untergegangenen DDR, die an Akademien beschäftigt waren, Arbeitsmöglichkeiten an den Universitäten zu eröffnen. Dabei war man von der irrigen Vorstellung ausgegangen, daß in der DDR Lehre ausschließlich an den Universitäten und Forschung ausschließlich an den Akademie-Instituten betrieben worden ist. Als man den Irrtum erkannte, war es praktisch schon zu spät. Von Bundesland zu Bundesland sicherlich in zu unterschiedlicher Intensität vorangegangen, kann man jedoch von einem Scheitern des Programms sprechen. Auf der Tagung im Oktober 1996 wurde darüber diskutiert und resümiert. Die wichtigsten dort gehaltenen Reden sind nunmehr an dieser Stelle nachzulesen.

Buchbesprechungen runden auch hier das Bild von einer sich in der Wissenschaftslandschaft fest integrierten Zeitschrift ab.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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