Annotation: Sachbuch

Miles, Christopher/Norwich, John Julius:
Liebe in der Antike

vgs verlagsgesellschaft, Köln 1997, 176 S.

Im allgemeinen wird angenommen, daß erst in den letzten Jahrzehnten Liebe und Sexualität nach vielen Jahrhunderten kirchlicher Prüderie und Bigotterie endlich enttabuisiert worden seien. Doch weit gefehlt! So wie man aus ethnographischen Forschungen weiß, daß überseeische Völker sich in der Regel gegenüber Erotik und Sexualität weit aufgeschlossener verhielten, als es sich die Europäer überhaupt vorstellen konnten, so belegen nunmehr die amerikanischen Forscher bzw. Journalisten Miles und Norwich, daß es auch Zeiten in unseren Breiten gab, wo dies ganz anders war. In dem umfangreichen Bild-Text-Band begeben sich die beiden Autoren rund ums Mittelmeer auf die Suche nach kaum bekannten oder schon wieder vergessenen Einstellungen zu Liebe und Lust, Leidenschaft und Begehren. Die reich, auch mit hervorragenden Farbbildern illustrierte facettenreiche Darstellung der erotischen Lebenswelt der frühen Europäer offenbart eine andere Sicht, als die bislang „gängige“. Gestützt auf jahrelange Recherchen, zeigen die Autoren, daß bereits im Altertum alle uns heute bekannten Formen der Sexualität betrieben, mit philosophischen Theorien untermauert und vor allem ohne Scheu künstlerisch dargestellt wurden. Spuren der schon vor Urzeiten herrschenden Freizügigkeit finden sich in der europäischen Höhlenmalerei, der ägyptischen Kosmologie, in hebräischen Geboten und lateinischen Kodizes; doch lassen sie sich ebenso in den philosophischen Schriften eines Platon wie in Ovids „Liebeskunst“ nachweisen.

So ist die Lektüre des Buches nicht nur eine interessante und unterhaltsame, sondern auch eine anregende Beschäftigung. Sie bietet aufschlußreiche Erkenntnisse und eine neue Sichtweise auf ein uraltes Thema.

Ulrich van der Heyden


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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