Eine Annotation von Jutta Plaga
Schramm, Adalbert G.
Die Perlenkette der Witwe Schmudicke
Vom Alex bis Halensee. Kriminalroman aus dem Berlin um 1900.
EFB-Verlagsgesellschaft, Erlensee 1995, 223 S.

Manchem setzt det Schicksal wirklich übel zu. Da wollte det Bild von een Droschkenkutscher Willi Kranzke sich lediglich mal von seine jiftije Olle erholn und in't „Clou“ an de Chausseestraße ne kesse Sohle uffs Parkett lejen - und wo findt er sich wieder? In Moabit vorn Kadi! Denn justament in den Oojenblick, als er de schmucke Witwe Schmudicke uff's Parkett führte, jing det Licht aus und mit det Licht verschwand ooch de kostbare Perlenkette von de Witwe ihren Hals. Een Fall for den Kriminalen Schröder. Der lenkt ooch mit een Riecher for de Unterwelt seine Schritte in det dunkle Berlin um den Alex rum. Sein Ziel is so een Haus mit ne abjeschreechte Kneipenecke in de Gollnowstraße, wo der schlitzohrije Jastwirt Kutte Bier zappt und so manchet andere verzappt. Eijentlich is de kriminalistische Uffklärung jar nich von Belang. Den Autor jeht et vielmehr darum, de Leser det Milljöh von det alte Berlin in de Umjebung von det alte Scheunenviertel schnuppern zu lassen, teilhaben zu lassen an de jroßen und kleenen Sorjen von de kleene Leute. Et is det Berlin, wo et de Reichen sehr jut und besser und de Armen mehr schlecht als recht jing, während de Mitte vasuchte, mindestens een Zippel von de wärmende Decke zu erhaschen. Den haben manche ooch erwischt und tüchtich in'n Jlückspott jejriffen. Jastwirt Kutte dirijiert seine Leute raffiniert - und nich nur Diamanten-Paule - bis in det elejante Tierjartenviertel, und so erhält der Leser ooch een Einblick in die feinen Häuser, wo ooch nich allet Jold is, wat jlänzt. Bei den „Jour fixe“ von Fandleiher Seidenspinner treffen sich Fabrikanten, Jeldaristokratie und Beamte, die in det hellerleuchtete Haus dunkle Jeschäfte besiejeln. Se wiejen sich in Sicherheit, aba zu gleichen Zeit verschaffen sich Jauner durch een jekonnten Tritt jejen de Jaslaternen de nötije Dunkelheit for een Bruch in de Häuser von de abwesende Hausherrn. Kommissar Zufall hilft kräftich mit bei de kriminalistische Uffklärung - und wie det so im Lebn is, de Kleenen werden jeschnappt und de Jroßen finden ihre Schlupflöcher. Bis zum Schluß der einjangs erwähnte Droschkenkutscher Willi sein klapprijet Ferd Trude jejen een noblet Benzinroß eintauscht, elejant um de Ecken kurvt und ab und an een Päusken bei de Witwe inleecht, wird de unkompliziert jestrickte Jeschichte mit viel Spaß, Mutterwitz und liebenswürdije Berliner Schnauze erzählt.

Wat ick allerdings nich unterstreichen kann is, det der Berliner laut Vorwort anstelle von z een scharfet s spricht. Besonders in't Scheunenviertel is mir det nich uffjefalln. Der Ersatz von z durch ss hat bewirkt, det ick bein Lesen mit de Ssunge an de Ssähne nich ssurande jekomm bin.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 05/97 (c) Edition Luisenstadt, 1997
www.berliner-lesezeichen.de

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