Eine Rezension von Brigitte Nurduk

Mord auf Bestellung

Peter Niggl: Killer aus dem Katalog
Auftragsmord - Ein neues Gewerbe.
Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1996, 254 S.

„Suche Killer, zahle gut!“ Ganz so offenkundig sind diverse „Stellenangebote“ noch nicht. Doch die Chancen für ein neues Dienstleistungsgewerbe stehen günstig. Der „hit man“, wie im Englischen derjenige bezeichnet wird, der den Schlag ausführt, oder altmodischer „der Mann für's Grobe“, hat zu tun. Tendenz steigend. Rund 40 Auftragsmorde in deutschen Landen aus jüngster Zeit hat Peter Niggl in seinem Buch untersucht. Nach Tod in Berlin über Kriminalfälle aus Berlin in den Jahren 1945 bis 1995 (mit Hari Winz) ein weiterer spannender Blick hinter die Kulissen des Verbrechens. Nicht politische Morde stehen im Mittelpunkt. (Ob darüber bald mal ein Buch geschrieben wird?) Die hier Killer anheuern, haben vor allem private Gründe. An die Knete von der Erbtante will man ran, der langjährige Ehegatte soll dem jüngeren Liebhaber Platz im Ehebett machen, ab ins Jenseits mit dem Konkurrenten, der den marktwirtschaftlichen Wettbewerb stört...

Sensationelles kann der Leser nicht erwarten. Die meisten Fälle sind aus den Schlagzeilen bekannt. So jener des Rechtsanwaltes Lethgau, der in einer verworrenen Dreiecksbeziehung steckte und 1993 auf dem Ku'damm erschossen wurde. Ums liebe Geld, das sie mit ihrem Bruder nicht teilen wollte, ging's der einstigen AL-Politikerin Ilona Hepp. Aufsehen erregte zu Beginn der neunziger Jahre der Fall einer adligen Dame, die sich für Untreue rächen wollte und in einer Tageszeitung annoncierte „Welcher vorbestrafte und arbeitslose junge Mann zwischen 20-30 Jahren möchte in der BRD neu anfangen und sucht einen Job? ...“ Ein arbeitsloser Bäcker aus Erfurt erfüllte die Voraussetzungen. Nur das Mordkomplott, so listig es eingefädelt war, ging schief. Wie in den letzten beiden Fällen diejenigen, die aus dem Weg geräumt werden sollten, Glück hatten, werden „nur“ etwa zwei Drittel der Mordaufträge am Ende auch ausgeführt. Ein Grund zur Beruhigung ist das aber nicht. Zwar gibt es noch keine statistischen Aussagen, wie oft in Deutschland für einen Mord Geld geboten wird. Mit Beginn der achtziger Jahre aber geschieht das immer häufiger. Der Autor begründet das mit dem Ende der sozialen Träume in der BRD. In einer Gesellschaft, in der alles käuflich scheint, wo zählt, was man zahlen kann, wird auch der Tod gekauft, um daran zu verdienen. Schon für 10 000 bis 20 000 Mark ist die entsprechende Dienstleistung zu haben. Das ist weniger als der Preis für ein einfaches Auto.

Die Auftraggeber oder richtiger Anstifter („Mordauftrag“ ist kein juristischer Begriff) kommen aus allen Schichten der Gesellschaft. Den klassischen Prof-Killer, so der Autor, gibt es in Deutschland noch nicht. Und häufig sind Frauen in Deutschland diejenigen, die die Mordpläne aushecken. Da wird nicht mehr gelispelt „noch einen Löffel Gift, Liebling“, sondern cool der „hit man“ bestellt. Von den der Untersuchung zugrunde liegenden Fällen wurden etwa 70 Prozent von Frauen initiiert.

Aber Auftragsmorde haben ihre Tücken. Oft wissen zu viele um den geplanten Mord oder können nicht dicht halten. Als Achillesferse bezeichnet Niggl die Belohnung, da „singt“ schon mal einer und verkauft sein Wissen gegen Kopfgeld der Polizei. Pech auch, wenn der Auftraggeber an den Falschen gerät, einen verdeckten Ermittler zum Beispiel. Also, Vorsicht! Und ein Rückgaberecht wie beim Versandhaus-Katalog, wenn das Preis-Leistungsverhältnis nicht stimmt, gibt es noch nicht.

Von Pech blieb offenbar auch der Autor nicht verschont. Wie ließen sich sonst die geschwärzten Stellen erklären? Hat da einer oder eine Ärger gemacht?


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 05/97 (c) Edition Luisenstadt, 1997
www.berliner-lesezeichen.de

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