Eine Annotation von Ulrich van der Heyden
Schukies, Renate:
Hüter der Heiligen Pfeile
Red Hat erzählt die Geschichte der Cheyenne.
Eugen Diederichs Verlag, München 1994, 187 S.

Im Jahre 1993 promovierte R. Schukies an der Hamburger Universität mit einer Arbeit, die unter dem Titel „Red Hat. Cheyenne Blue Sky Maker and Keeper of the Sacred Arrow“ veröffentlicht wurde. Diese sollte auch herangezogen werden, will man den historischen Hintergrund der vorliegenden Erzählungen besser verstehen. Dies ist ein ungewöhnliches Verfahren, das hier in einer „editorischen Notiz“ angeboten wird. Aber es handelt sich auch um ein ungewöhnliches Buch.

Die Autorin weilte als Unterstützerin eines Action Anthropology Projects Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre bei dem Pfeilhüter der Cheyenne, Edward Red Hat.

Dieser höchste spirituelle Führer spricht erstmalig über sich und die Tsistsistas, wie die Cheyenne sich selbst bezeichnen. So ist das Buch eine Zustandsbeschreibung der Kultur der Cheyenne aus ihrer eigenen Perspektive und somit ein einmaliges Dokument über das Leben der Cheyenne in der Post-Reservationszeit. Red Hat richtet seine Worte an alle zukünftigen Cheyenne-Generationen, aber auch an die Weißen. Letzteres ist durch dieses verdienstvolle Buch geschehen.

Hierzu hat die Autorin ihre damaligen Tagebuchnotizen zu einer Erzählung zusammengefaßt, die sich in drei Abschnitte gliedert: Der Tradition des Stammes folgend, sitzt der Pfeilpriester und Enkel Bill Red Hat vermittelnd vor dem Cheyenne-Pfeilhüter. Er ist derjenige, der zunächst die wichtigsten Elemente der Cheyenne-Kultur erläutert. Im zweiten Teil spricht der Pfeilhüter Red Hat über sich selbst und erzählt aus dem Leben seines Volkes. Der letzte Abschnitt ist als Epilog angelegt, der die Bestattungsfeierlichkeiten für den Pfeilhüter Red Hat, der im Februar 1982 verstarb, beschreibt. Sein Sohn Wayne wurde 1990 zum Pfeilhüter gewählt. Nach dessen überraschendem Tod im Jahre 1993 rückt Bill Red Hat in die höchste Stammesfunktion auf. Er wird vermutlich sein Volk ins 21. Jahrhundert führen.

Das wird nicht leicht werden, denn die Autorin schreibt zu dem, was nunmehr schon einige Jahre zurückliegt und hier dokumentiert wurde: „Vieles von dem, was in diesem Buch an positiver politischer und rechtlicher Entwicklung spürbar ist, wird in den nächsten Jahren durch die Reagan-Regierung zunichte gemacht. Wieder sind Kultur und Religionsfreiheit der Cheyenne - aller nordamerikanischen Indianer - bedroht“ (S. 16). Daß diese Bedrohung nicht zur Realität wird - dazu versucht und vermag sicherlich auch dieses Buch einen Beitrag zu leisten.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 10+11/96 (c) Edition Luisenstadt, 1996
www.berliner-lesezeichen.de

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