Eine Annotation von Otto Schäfer
Gärtner, Karl-Heinz/Nitschke, Günter u. a.:
Berliner Straßennamen
Ein Nachschlagewerk für die östlichen Bezirke.
Ch.Links Verlag, Berlin 1995, 535 S.

Straßen und ihre Namen sind die Visitenkarten einer Stadt. Zu Zeiten großer Veränderungen, aber auch während ruhigerer Zeitläufe, stehen Straßennamen zur Dispositon, wird über Umbenennungen und Rückbenennungen gestritten und nach Namen für neu eingericheten Straßen gesucht. Plötzlich wächst das Interesse einer breiten Öffentlichkeit, etwas mehr über Straßennamen zu wissen, ihre Bedeutung, die Gründe, die zur Namensgebung geführt haben und wer sich hinter dem Namen verbirgt. Es ist das Verdienst von Ch. Links, als einer der ersten unmittelbar nach der Wende hierauf reagiert zu haben, indem er bereits 1992 über Ostberliner Straßennamen ein Nachschlagewerk herausbrachte, allerdings ohne die Bezirke Köpenick, Marzahn und Treptow. Um diese bereichert und insgesamt überarbeitet, steht dem an der Geschichte der Straßennamen Interessierten ein inhaltsreiches Handbuch zur Verfügung. Daß es ein Nachschlagewerk nur für die östlichen Bezirke ist, schmälert das Verdienst von Autoren und Verleger keinesfalls. Hier konzentrierten sich die Um- und Rückbenennungen und hier gab es im Gegensatz zu Westberlin den größeren Nachholebedarf zur Erforschung und Publizierung der Geschichte Berliner Straßennamen. Zu den Vorzügen dieser Publikation gehören das Vorwort von Friedrich Dieckmann und die Einleitung von Laurenz Demps. Während ersterer sich vor allem, gestärkt mit Belegen aus der Geschichte, einmischt in die Diskussion über den Sinn und Unsinn von Benennungen, Umbenennungen und Rückbenennungen von Straßennamen und dabei interessante Überlegungen vorstellt, sucht Laurenz Demps historische Schnittpunkte in der Geschichte der Stadt auf und weist daran nach, daß die Vergabe von Straßennamen in der Vergangenheit letztlich nicht dem Zufall oder Bürgerwillen überlassen wurde und daß revolutionäre Umbrüche für die Straßenbenennungen immer Folgen hatten. In seiner Skizze spannt Demps den Bogen bis zur Vergabepraxis der Namen im geteilten und seit 1990 wieder vereinten Berlin. Ein weiterer Vorzug dieser Publikation ist, daß der Suchende nicht nur die aktuellen Straßennamen aufspüren kann, sondern auch die meisten der nicht mehr gültigen Namen. Ein Vorzug ist auch, daß alle Verwaltungsbezirke mit einer kurzen Geschichte vorgestellt werden, was zugleich den Informationswert der einzelnen Straßennamenserläuterungen erhöht. Für die Nutzung des Nachschlagewerkes erweist sich als ein wenig umständlich, daß die Straßennamen mit ihren Erläuterungen zwar alphabetisch geordnet sind, jedoch verwaltungsbezirksweise. Wer nicht gleich weiß, in welchem Bezirk die von ihm gesuchte Straße liegt, muß erst das Register aufschlagen, um die entsprechende Seitenzahl zu finden. Die jedem Straßennamen beigegebenen Informationen sind gründlich recherchiert und im Rahmen eines einbändigen Handbuches völlig ausreichend. Umfang und Fülle der Fakten zu den Straßennamen sind natürlich abhängig von der Quellenlage und vom Informationswert des Namensgebers. Insofern wird es bei der Erforschung der Geschichte der Straßennamen immer wieder neue Entdeckungen geben. Umbenennungen, Rückbenennungen und Neubenennungen und die Diskussion darüber werden weitergehen. Alles Gründe, sich weiter mit diesem Feld der Berliner Geschichte zu beschäftigen.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 10+11/96 (c) Edition Luisenstadt, 1996
www.berliner-lesezeichen.de

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