Eine Annotation von Karl-Heinz Körner
Kipke, Volker:
Naturwanderführer Umgebung von Berlin
Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1995, 156 S.,
mit 17 Farb- und 18 Schwarzweiß-Abb.

Wer über die Mark Brandenburg, deren Naturschönheiten und Wanderpfade schreibt, setzt sich stets der Gefahr aus, an dem geprüft zu werden, was dafür hierorts als das Maß aller Dinge gilt: Theodor Fontane, der große Wanderer durch die Mark.

Das schien auch Volker Kipke klar gewesen zu sein, und so beschränkte er sich auf ein Minimum des gerade noch Möglichen bei der Erwähnung des Dichters, mit dem, glaubt man der örtlichen Meinung, jeder Halm und Stein der Mark in gerader Linie verbunden seien.

Es ist dem Autor anzurechnen, daß er sich diesem Trend nicht anschloß, sondern streng seinem Thema „Naturwanderführer“ folgte. Das Wort „streng“ bezieht sich wirklich nur auf das Thema. Der Text selbst läßt beim Lesen mehr das Gefühl zu, sich in einer angenehm belehrenden Plauderei zu befinden. Ein wenig verspielt erscheint dieser lockere Ton in den ersten Kapiteln, wo sich Satzkonstruktionen wie Gummibänder ziehen. Ist dieses dem Untertitel geschuldet: „Alles, was die Natur zwischen Elbe, Oder und Müritz bietet ... “, bieten zu wollen? „Vieles“ wäre angebrachter.

Das wird auch auf den gut 150 Seiten geboten. Der Autor nimmt sich in den folgenden Kapiteln etwas zurück, wird bei aller „Plauderei“ sachlicher, und die Aufzählung - sie ist ja so wundervoll platzsparend - wird mehr als Gestaltungsmittel genutzt, um im „Gespräch“ mit dem Leser das Tempo halten zu können.

So bleibt die Form tatsächlich nur ein Mittel zum Zweck, die reiche Information zu vermitteln, die im Ergebnis überaus gründlicher Recherche geboten wird. Sie geht oft bis in das Detail und läßt das Gefühl entstehen, selbst Kleinigkeiten zu erfahren, die auch für gestandene Brandenburg-Wanderer neu sind. Damit weist der Autor seine Kompetenz aus. Als angenehm sei noch angemerkt, daß, dem Thema zugeordnet, stets eine gute Verbindung zu den ökologischen Problemen des jeweiligen Gebietes hergestellt wird. In Anbetracht der Sachkenntnis des Autors wirken die angehefteten Schwänzchen „DDR-Schelte“ leider etwas primanerhaft.

Jedem Kapitel beigegebene „Fußnoten“ informieren zumeist ausführlich über Verkehrsverbindungen, Öffnungszeiten, telefonische Auskunftsmöglichkeiten. Sie bekräftigen den Eindruck, die geschilderten Naturschönheiten vor Ort ohne weiteres erwandern zu können.

Eine gute Ergänzung ist das umfangreiche „Zusatz“-Kapitel zu Flora und Fauna, das noch einmal die außergewöhnliche Vielfalt, den Reichtum der Mark Brandenburg und der Elbeniederung Sachsen-Anhalts auf diesem Gebiet widerspiegelt.

Nicht alle Fotos können mit der Qualität des Textes Schritt halten. Hier wäre bei einer Neuauflage einiges zu verbessern. Alles in allem - ein Naturwanderführer zur Umgebung Berlins, der seinem Anspruch gerecht wird.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 09/96 (c) Edition Luisenstadt, 1996
www.berliner-lesezeichen.de

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