Eine Annotation von Sven Sagé

Dechant, Nora (Hrsg):
Übernachtung mit Frühstück
Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf.,
München 2000, 304 S.

Den Namen können Sie sich schon mal merken: Kathrin Kaufmann! „Mutter einer sehr lebendigen und flinken Tochter“, und selbst gerade erst mit einem vollen Vierteljahrhundert belastet, ist Kaufmann als Schreiberin eine Frau im Stand der Unschuld. Von ihr stammt eine parodistische erotische Geschichte, die bar jeder Parodie und Erotik ist, sofern die Geschichte „Wochenende first class“ als ernstzunehmende erotische Geschichte gelesen wird. Kaufmann ist kein Adjektiv zu schade, um ihre Schmöker-Story kräftig kitschig zu kolorieren. Sind Langeweile und Lächerlichkeit erotisch, ist die Story die erotischste aller „erotischen Geschichten“, die von der Herausgeberin Nora Dechant in den Band Übernachtung mit Frühstück gestopft wurden. „Keine Klischees“, heißt es selbstmahnend in der Geschichte eines anderen Autors, der derzeit an seinem zweiten Roman schreibt. Die von Dechant zusammengestoppelte Sammlung ist ein Sammelsurium sämtlicher Klischees, die das Dornröschenschloß der Erotik zuwuchern. „In Paris ging alles den Bach runter“, beginnt eine weitere Geschichte und weckt so Erwartungen. Fließt die Literatur in der Geschichte auch nicht mit der Schnelligkeit den Bach runter wie bei Kaufmann, kann doch mit angesehen werden, wie Erotik in einem Bach ersäuft. Da die markig angekündigten „Talente“ kaum mehr zu bieten haben, können einem getrost die Tränen kommen. Und nicht vergessen: Nicht kaufen, wo Kaufmann draufsteht! In dem Buch Übernachtung mit Frühstück geht nicht alle Erotik den Bach runter, doch der Rest, der in ihm ist. Armer Bohumil Hrabal, der auch in den Band eingebunden ist! Weil er sich nicht dagegen wehren konnte? Hrabal starb 1997. Ganz schön „übernachtet“ das Ganze!


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 04/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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