Eine Annotation von Lili Henry
Blussé, Leonard:
Rosenkrieg
Ein Scheidungsdrama um Besitz, Macht und
Freiheit im 17. Jahrhundert.
Campus Verlag, Frankfurt/M. 2000, 219 S.

Schauplatz dieses abenteuerlichen Scheidungskrieges ist Batavia, die Handelsmetropole im fernen Asien, in der die Vereinigte Ostindische Compagnie der Niederländer fest etabliert ist. Ihre Niederlassung ist groß, und so ist auch die holländische Gemeinde in Batavia bedeutend. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Frauen der Angehörigen der Ostindischen Compagnie oft ortsansässig waren. Aus diesen Verbindungen gingen Mischlingskinder hervor, die durchaus die gleichen Rechte hatte wie die Niederländer selbst.

Aus einer solchen Verbindung entstammte Cornelia van Nijenroode, deren Porträt mit ihrem ersten Ehemann im Amsterdamer Rijksmuseum zu besichtigen ist. Das Geld, das ihr Vater ihr hinterlassen hatte, wurde ihr aufgrund der bekanntermaßen rechtlosen Stellung der Frau im 17. Jahrhundert fast gänzlich genommen. Ihr erster Ehemann, Pieter Cnoll, ein bedeutendes Mitglied der Compagnie, hatte daher versucht, seine Frau testamentarisch abzusichern, damit ihr das Erbe auch nach einer erneuten Heirat erhalten bliebe. Cornelia war durchaus die Frau, ihr Geld nach eigenem Gutdünken zu verwalten und zu mehren. Die reiche, erfahrene Handelsfrau wurde bald zu einer begehrten Heiratskandidatin. Da die Ehe ihre gesellschaftliche Stellung abzusichern versprach, heiratete sie schließlich ein zweites Mal, bestand jedoch auf einem Ehevertrag, der ihr die freie Verfügungsgewalt über ihr Vermögen auch während der Ehe gestattete. Joan Bitter, der Bräutigam, war ein Versager und Tunichtgut, besann sich aber schnell seiner Rechte als Ehemann und damit auf seine Entscheidungsgewalt. Der Ehevertrag war nur wenig mehr wert als das Papier, auf dem er geschrieben wurde.

Aus dieser Konstellation sollte sich ein Scheidungskrieg entwickeln, der den Titel „Rosenkrieg“ zu Recht trägt. Die Infamie und Bösartigkeit des Joan Bitter waren kaum noch zu überbieten und beschäftigten jahrelang nicht nur die niederländische Gemeinde in Batavia, sondern auch die Ostindische Compagnie und den Gerichtshof in Amsterdam. Cornelia war andererseits fest entschlossen, ihr Vermögen und ihre Handlungsfreiheit mit allen Mitteln zu verteidigen. In einer Zeit, in der die Frauen dem Manne in jeder Hinsicht untertan waren, war der Erfolg ihrer Bemühungen jedoch immer nur zeitweilig und beschränkt.

Der Sinologe und Historiker Leonard Blussé hat diesen Fall akribisch recherchiert und aufgezeichnet. So erfahren wir jede nachvollziehbare Einzelheit des Kampfes von Cornelia van Nijenroode, dieser zu früh geborenen „Kämpferin für die Rechte der Frauen“, deren Emanzipationsbemühungen immer wieder zunichte gemacht wurden. Der Autor teilt uns auch jede der bösartigen Hinterhältigkeiten ihres mit vielen charakterlichen Mängeln behafteten Ehemannes mit, der allein durch Cornelias Geld, nicht aber durch eigene Arbeit, zu Wohlstand gelangen wollte. Das menschliche Drama, das in dem Buch beschrieben wird, bleibt jedoch leblos und akademisch, der Leser wird mit Fakten erschlagen, die in ihrer Summe an der schon zu Beginn feststehenden Aussage nichts ändern: Die Frau war und blieb rechtlos und gefangen in den sozialen Normen ihrer Zeit. Die Stärke Cornelias erscheint nicht lebensvoll, sondern mitunter starr und lebensfremd. Die Geschichte hätte aufklärend, spannend und unterhaltsam sein können, sie geht jedoch unter im Morast sich unentwegt wiederholender Aufzählungen von Details. Und alles übrige wußten wir auch schon vorher.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 02/01 (c) Edition Luisenstadt, 2001
www.berliner-lesezeichen.de

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