Eine Annotation von Irene Knoll


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Wohl oder übel muß ich armes Weibsen dran
Anekdoten von Königin Luise.

Gesammelt und aufgeschrieben von Ingrid Kirschey-Feix.
Eulenspiegel Verlag, Berlin 1999, 142 S.

Anekdoten haben ihren eigenen Wert für das Andenken an Personen und fürs Geschichtsgedächtnis. Man liest und erzählt gern pointierte Histörchen, weil sie einen in ein vertrauliches Verhältnis zu den sonst abgehobenen Persönlichkeiten setzen. Über Königin Luise, die so jung starb, berichtet die Mundpropaganda, daß sie ausnehmend hübsch und leutselig war, daß sie immer ein Tüchlein um den Hals trug, weil sie sich so leicht erkältete, und daß sie den Empire-Stil in die Damenmode brachte.

Über Luise gibt es aber auch ein paar ernstzunehmende Geschichtsabhandlungen, Aufzeichnungen von Verehrern und anderen Zeitgenossen, Biographien und Lebensbilder gedenken der Königin. Ingrid Feix hat sie offenbar durchgesehen und das Anekdotische gefiltert. Das Ergebnis ist eine Auswahl, mit der jeder Liebhaber von Anekdoten auf seine Kosten kommt, aber der eigentliche Witz und die größere Leistung ihrer Sammlung besteht in der Anordnung. Ingrid Feix hat sie so zusammengefügt, daß sich eine Biographie der Königin ergibt, und darüber hinaus sogar ein Bild der Preußen sehr bewegenden politischen Prozesse ihrer Lebenszeit. In diese Zeit fiel der Krieg gegen Napoleon und im Zusammenhang damit die Durchsetzung der Steinschen und Hardenbergschen Reformen. König Friedrich Wilhelm III. war ein eher unentschlossener Herrscher, und es ist dem diplomatischen Geschick und der umsichtigen Einflußnahme Luises zuzuschreiben, daß die bösen Kriegserfahrungen in die Reformierung des preußischen Staatswesens mündeten.

Luise, eine Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, wurde 1776 geboren, sie starb mit vierunddreißig Jahren. In siebzehn Ehejahren brachte sie zehn Kinder zur Welt. Der Einband des Büchleins zeigt das Porträt der Königin nach einem Gemälde von Joseph Grassi. Es macht einen glauben, daß die Anekdoten von ihrer Schönheit und Lebendigkeit nicht dem Glanz der Krone geschuldet sind.

Ingrid Feix hat ein kluges Nachwort geschrieben, das der Eigenart der Persönlichkeit Luises und ihrer achtbaren Wirksamkeit innerhalb der besonderen Lebens- und Zeitumstände gerecht wird. Diese Königin verdient einen verständigen Nachruhm. Eine Zeittafel und ein Personenregister bezeugen, daß mehr als Sammlergeist am Werke war. Der Verlag hat das handliche Büchlein schön ausgestattet und schön gedruckt, so daß man rundherum seine Freude daran hat.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 12/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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