Eine Rezension von Rudolf Kirchner


„Einer der wichtigsten Männer des Jahrhunderts“

Peter Hoffmann: Anton Friedrich Büsching (1724-1793)
Ein Leben im Zeitalter der Aufklärung.
Berlin Verlag Arno Spitz, Berlin 2000, 322 S.

In der Schriftenreihe Aufklärung und Europa, die vom Forschungszentrum Europäische Aufklärung e. V. unter Leitung von Martin Fontius herausgegeben wird, ist eine wichtige Biographie erschienen, die sowohl für die Geschichte der europäischen, der deutschen und nicht zuletzt der Berliner Aufklärung von Bedeutung ist. Zu Recht fragt der Autor, wie es kommt, daß Anton Friedrich Büsching, den sein Zeitgenosse August Ludwig Schlözer „einen der wichtigsten Männer des Jahrhunderts“ nannte, bisher so wenig in seinem Leben und Werk aufgearbeitet worden ist. Deshalb unternimmt es der Autor, ausgehend von der Biographie Büschings, dessen Leistungen in den verschiedenen Disziplinen und Bereichen darzustellen und zu würdigen. Damit ist eine gründlich recherchierte Arbeit entstanden, die sich nicht allein auf die Eigene Lebensgeschichte stützt, die Büsching selbst 1789 herausgab, sondern auf den reichhaltigen Briefwechsel und viele andere Quellen und Materialien. Dabei weist der Autor darauf hin, daß noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden konnten. Insofern ist die Arbeit auch ein Anreiz zum Weitermachen.

Das Buch besteht aus drei Teilen, einer ausführlichen Biographie (S. 17-120), einer gründlichen Darstellung des Schaffens von Büsching (S. 121-258) sowie einem Anhang mit einer Chronik zum Leben, umfangreichen Materialien für eine Bibliographie der Schriften von und über Büsching sowie einem soliden Namensregister.

In der Biographie werden alle Lebensstationen des Gelehrten nicht nur genannt, sondern stets in Beziehung zum Schaffen von Büsching, aber auch zu seiner jeweiligen Lebenssituation beschrieben. Nach der Darstellung der Kindheit in Stadthagen, der Ausbildung in Halle und seiner Anstellung als Hauslehrer, verbunden mit einer Rußlandreise, sind es vor allem die drei großen Stationen Göttingen, Petersburg und Berlin, die im Mittelpunkt der Biographie stehen. In Göttingen wirkte Büsching an der Universität, in Petersburg war er 2. Prediger an der Peterskirche, vor allem aber Schulleiter der zur Gemeinde gehörenden Schule; in Berlin schließlich, wohin er im Oktober 1766 kam, reformierte er das Berliner Schulwesen, führte über viele Jahre erfolgreich das Gymnasium zum Grauen Kloster und füllte die Funktion eines Oberkonsistorialrats aus. Zu der ihm ursprünglich zugesagten Berufung in die Akademie der Wissenschaften ist es dagegen nicht gekommen.

Bei der Darstellung des Schaffens von Büsching wird von seiner Arbeitsweise ausgegangen, von seiner Bibliothek und seinem gewaltigen Briefwechsel, um dann auf jene Gebiete näher einzugehen, wo Büsching Herausragendes geleistet hat. Begonnen wird mit Büsching als Geograph, wobei natürlich seine Neue Erdbeschreibung im Mittelpunkt steht. Büsching hat eine Vielzahl geographischer Arbeiten verfaßt, aber mit seiner „Erdbeschreibung“ setzte er neue Maßstäbe. „Die ,Erdbeschreibung‘ bedeutete in ihrer Zeit ... einen wesentlichen Schritt voran für die Herausbildung der Geographie als einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin mit verschiedenen Teildisziplinen. Sie trug nicht unwesentlich zur Herausbildung einer wissenschaftlichen Terminologie und einer Normierung geographischer Bezeichnungen, Begriffe und Namen bei ...“, heißt es in der Einschätzung durch Hoffmann (S. 166). Kaum weniger wirkungsvoll war das Schaffen Büschings als Pädagoge, wobei es sowohl um die Organisation eines modernen Schultyps, um die Lehrinhalte, die Lehrerbildung und nicht zuletzt um die Lehrmaterialien ging. Weiter werden Büschings Leistungen im Bereich der Geschichte und der Statistik gewürdigt. Und auch Büsching als Theologe, der er ja auch war, wird nicht ausgespart. Darüber hinaus geht der Autor in zwei Abschnitten auf die intensiven Beziehungen Büschings zu Rußland ein und untersucht seine Tätigkeit als Herausgeber von Zeitschriften, nämlich seinem Magazin (Anton Friedrich Büschings Magazin für die neue Historie und Geographie) und den Wöchentlichen Nachrichten (Anton Friedrich Büschings Wöchentliche Nachrichten von neuen Landkarten, geographischen, statistischen und historischen Büchern und Sachen), die zwischen 1767 und 1788 bzw. zwischen 1773 und 1787 herauskamen.

Diese erste gründliche Untersuchung zu Leben und Werk von Anton Friedrich Büsching kann nicht nur dazu beitragen, dieser Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken; sie fördert auch ein tieferes Verständnis der deutschen und nicht zuletzt der Berliner Aufklärung.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 12/00 (c) Edition Luisenstadt, 2000
www.berliner-lesezeichen.de

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