Unter dieser Rubrik sollen für Liebhaber und Sammler von Kriminalliteratur in loser Reihenfolge neue und interessante Bücher aus dem Bereich Sekundärliteratur zum Kriminalroman vorgestellt werden, darunter auch der eine oder andere fremdsprachige Titel.
Burtscher-Bechter, Beate:
Algerien - ein Land
sucht seine Mörder
1970 markiert den Zeitpunkt der Geburt des algerischen Kriminalromans. Die Autorin hat
insgesamt 23 Kriminalromane algerischer Autoren analysiert und beschrieben - untersucht
wurden französischsprachige, nicht arabischsprachige
Romane. Ihre Darstellung zeichnet die Entwicklung des Kriminalromans in Algerien vor dem
Hintergrund der historischen, politischen und
sozialen Komponenten des Landes auf. Ergänzend wirft
sie einen Blick auf die Kriminalliteratur der
Nachbarstaaten Marokko und Tunesien. Eine
umfangreiche Bibliographie der Primär- wie
Sekundärliteratur ist selbstverständlich.
BILIPO (Hrsg.):
Les Crimes de l'année No. 9
Sélection critique des ouvrages policiers parus
entre août 1998 et août 1999.
Bibliothèques de la Ville de Paris, Paris 2000,
268 S.
Die Bibliothèque des Littératures Policieres
(BILIPO) gibt nun schon zum neunten Mal ihr
Jahrbuch heraus. BILIPO beherbergt die
größte Sammlung von Kriminalromanen
(einschließlich Kinder- und Jugendkrimis wie auch
entsprechende Comics) und der entsprechenden Sekundärliteratur. Finanziert von der Stadt Paris, ist
BILIPO gleichzeitig die größte europäische
Bibliothek für diese Literaturgattung. Das
umfangreiche Jahrbuch listet sämtliche in französischer
Sprache erschienenen Krimis und Arbeiten zum Genre auf. Zu jedem aufge
führten Buchtitel liefert es eine namentlich
gekennzeichnete Rezension. Außerdem bietet es einen ausführlichen Index sowie eine
Aufstellung französischer wie internationaler
Krimi-Magazine und Hinweise auf die wichtigsten
französischen Krimi-Preise.
Beyer, Klaus (Hrsg.):
Streng geheim
Die Welt der verschlüsselten Kommunikation.
Umschau Braus, Heidelberg 1999, 303 S.
Kryptographie und Verrat im 20. Jahrhundert
sind die Themen der Ausstellung Streng
geheim!, die vom Oktober 1999 bis Februar 2000 in
Frankfurt am Main zu sehen war. Ob Zitronensaft
oder Geheimtinte, Chiffrier- und
Dechiffrierschlüssel oder das doppelbödige Reise-Necessaire mit
röntgensicherem Innenfach für Pässe u. ä . -
007-Bond-Ausrüster Q hätte seine schiere
Freude gehabt, so wie (hoffentlich) der Leser und
Eindringling in die Welt der verschlüsselten
Kommunikation.
Ehrlich, Nina:
Dan Turèlls Mord-Serie
Gattungsgeschichte und Zeitdokument.
Edition Praesens, Wien 1999, 134 S.
In der zwölfbändigen Mord-Serie (1981-1990)
des frühverstorbenen dänischen Autors Dan
Turèll (1946-1993), in der ein namenloser Journalist
und Gelegenheits-Detektiv zusammen mit seinem Freund, einem Inspektor der Kopenhagener
Kriminalpolizei, zahlreiche Mordfälle aufklärt,
wird der amerikanische Hard-boiled-Krimi gekonnt
auf dänische Verhältnisse übertragen.
Gleichzeitig stellt Turèll die Vielschichtigkeit der
Kopenhagener Lebensverhältnisse und das Lebensgefühl
der 80er Jahre der dänischen Metropole vor. Mit
diesem kleinen Bändchen innerhalb der
Wiener Studien zur Skandinavistik - WSS versucht
die Autorin, den hierzulande relativ unbekannten
dänischen Kriminalschriftsteller Turèll und
seine hervorragenden Kriminalromane, die
gleichzeitig die Genres Großstadtroman und Entwicklungsroman verbinden, einem (wünschenswert)
größeren Publikum bekannt zu machen.
Götting, Ulrike:
Der deutsche Kriminalroman zwischen
1945 und 1970Formen und Tendenzen.
Edition Kletsmeier, Wetzlar 1998, 372 S.
Nach D. Germers gekonnter und umfangreicher Darstellung des DDR-Krimis
(Von Genossen und Gangstern, 1998) und der sehr kontrovers
diskutierten Analyse B. Kehrbergs (Der
Kriminalroman der DDR 1970-1990, 1998) ist erst jetzt die
Untersuchung von Ulrike Götting auf meinen
Schreibtisch gekommen. Götting versucht eine
Bestandsaufnahme und einen Vergleich des deutschen Kriminalromans der Bundesrepublik
Deutschland und der DDR. Festgemacht hat sie ihre
Untersuchung an verschiedenen Autoren beider deutscher Staaten, die in den fünfziger und
sechziger Jahren für bestimmte Stilrichtungen der
Gattung standen (Andresen, Arnau, Erpenbeck,
Schreyer, um nur diese vier Namen zu nennen).
Eingeleitet wird die Arbeit mit einer kurzen Analyse des
deutschen Krimis im internationalen Vergleich, des westdeutschen Kriminalromans von 1945 bis
1950 und eines Exkurses über den Kriminalroman
im Dritten Reich.
Herbert, Rosemary (mit Aird, Catherine/Reilly,
John M.) (Hrsg.):
The Oxford Companion to Crime & Mystery
Writing
Oxford University Press, Oxford 1999, 535 S.
Bereits seit einigen Jahren angekündigt und
von vielen Sammlern sehnlichst erwartet, liegt es
nun endlich seit Dezember 1999 vor - das
ultimative Nachschlagewerk zur Kriminalliteratur. Als
Lexikon konzipiert, findet sich hier eine Unzahl
(namentlich gezeichneter) kürzerer und längerer
Artikel zu jedem Aspekt des Genres. Sei es, daß
der Leser einen Abriß über die verschiedenen
nationalen Kriminalliteraturen sucht, sei es, daß er
auf der Suche nach Hintergrundwissen zu Autoren und Autorinnen resp. den verschiedenen
Protagonisten ist oder sich nur über die vielzähligen
Spielarten des Krimis informieren will (Holiday
Mystery, Locked Room Mystery), den Unterschied zwischen englischen und amerikanischen Gefängnissen erklärt haben möchte oder die
Schlagwörter der internationalen Krimi-Szene
interpretiert wissen will (Red Herrings, Whydunit) -
R. Herbert und ihre mehr als 200 internationalen Beiträger, darunter viele bekannte
Kriminalschriftsteller/innen, referieren über und
erklären ihre Spezialgebiete. Ein absolutes Muß für
jeden Giftschrank.
Nover, Peter (Hrsg.):
The Great Good Place?
A Collection of Essays on American and British College Mystery Novels.Peter Lang Europäischer Verlag der
Wissenschaften, Frankfurt/M. 1999, 224 S.
Peter Nover (Uni Düsseldorf) konnte für den
vorliegenden Essay-Band namhafte (Genre-)Autoren aus Deutschland, Großbritannien und den USA
gewinnen. Nover und seine Beiträger geben
einen Überblick über fast 90 Jahre College
Mysteries, angefangen mit Artikeln über Sayers, A. Cross,
Ch. MacLeod bis hin zu allgemeinen Darstellungen dieser beliebten Spielart des Krimis. Schon seit
Arthur Conan Doyle's Sherlock Holmes und seinem Chronisten Dr. Watson waren Campus und
angegliederte Bibliothek stets ein gefährliches Pflaster.
Tannert, Mary W./Kratz, Henry (Hrsg.):
Early German and Austrian Detective Fiction
An Anthology.
McFarland, 1999, 244 S.
Es ist schon ein Leckerbissen, den die amerikanische Hochschullehrerin und Übersetzerin Mary W. Tannert und Henry Kratz, emeritierter Professor für deutsche Sprache und Literatur, beide aus Knoxville/Tennessee, dem Leser anbieten. Sechs ins Englische übersetzte Kriminalerzählungen und -novellen gilt es zu entdecken. Nicht Edgar Allan Poe scheint der Begründer der (Mainstream-)Kriminalliteratur zu sein (1841, Murders of the Rue Morgue). Bereits 13 Jahre früher erschien Adolph Müllers Der Kaliber. Aus den Papieren eines Criminal-Beamten, und zwar im Mitternachtsblatt, Ausgaben 1-20 (Nachdruck ca. 1870 in der Universalbibliothek bei Philipp Reclam, Leipzig). Neben o. g. Text finden sich noch die Kriminalgeschichten von Otto Ludwig, Adolf Streckfuss, Auguste Groner, Maximilian Böttcher und Balduin Groller. Eine Empfehlung für jeden, der sich für die früheste deutschsprachige Kriminalliteratur interessiert, jedoch nie an entsprechende Texte gekommen ist.